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Sport: Mit Gottes Hilfe

Serena Williams gewinnt in Melbourne und beendet zwei Jahre voller Probleme

Fast zwei Wochen lang musste Serena Williams immer wieder dieselbe Frage beantworten, ob nämlich ihre große Zeit und die ihrer Schwester Venus vorbei sei. Und immer gab sie, manchmal irritiert, aber stets unerschüttert, die gleiche Antwort: Nein, die Williams-Schwestern seien nicht die Vergangenheit des Damentennis, sondern die Gegenwart und die Zukunft. Wer es nicht glauben wollte, konnte sich davon am Samstag in der Rod-Laver-Arena von Melbourne überzeugen: Im Finale der Australian Open bestätigte Serena Williams ihre Aussagen und sicherte sich gegen Lindsay Davenport mit 2:6, 6:3, 6:0 ihren siebten Grand-Slam-Titel.

Auf demselben Court hatte Williams vor zwei Jahren ihr vorletztes Grand-Slam-Turnier gewonnen. Nach der Dominanz der Jahre 2002 und 2003, als sich die beiden Williams-Schwestern in fünf der sechs Grand-Slam-Endspiele gegenüberstanden, war ihre Vorherrschaft zerbröckelt. Die Belgierinnen und dann die Russinnen übernahmen die Herrschaft über das Frauentennis. Neben langwierigen Knieverletzungen mussten die beiden Williams-Schwestern den Tod ihrer Halbschwester Yetunde Price verkraften, die im September 2003 zum unschuldigen Opfer einer Bandenschießerei geworden war. Yetunde war im Williams-Clan eine der wichtigsten Ansprechpartnerinnen der beiden Athletinnen gewesen.

Nach eineinhalb Jahren voller sportlicher und persönlicher Probleme hat Serena Williams die alte Ordnung nun wieder hergestellt. Im Halbfinale schlug sie im besten Frauen-Spiel des Turniers Maria Scharapowa, gegen die sie im Wimbledon-Finale 2004 noch verloren hatte. „Dieser Erfolg bedeutet mir unheimlich viel“, sagte die 23-Jährige nach dem Endspiel. „Ich habe im letzten Jahr einige Finals verloren, hier wollte ich unbedingt gewinnen.“

Aber auch im Finale von Melbourne musste Serena Williams mit Widrigkeiten fertig werden. Schon im ersten Spiel hatte sie große Schmerzen, nach fünf Spielen ließ sie sich behandeln. „Mir ist eine Rippe rausgesprungen. Ich bin wohl auch nicht mehr die Jüngste“, sagte Williams. Die an Nummer eins gesetzte Davenport dominierte zu Beginn fast nach Belieben, verpasste aber ihre große Chance, als sie im zweiten Satz sechs Breakchancen nicht zu einer 3:2-Führung nutzen konnte. „Ich habe mir immer wieder gesagt: Und wenn dir der Arm abfällt, du verlierst dieses Spiel nicht. Du verlierst dieses Spiel nicht!“, sagte Williams. Sie überwand ihre Schmerzen und brachte ihren Aufschlag tatsächlich durch. Es war der Wendepunkt der Begegnung. Anschließend gewann Lindsay Davenport nur noch ein Spiel, der dritte Satz dauerte gar nur 20 Minuten. „Ich habe ihr die Tür geöffnet, und sie ist hindurch gegangen“, sagte Davenport. Am Ende sei sie auch etwas müde gewesen, weil sie im Doppel angetreten war und dort ebenfalls das Finale erreicht hatte.

„Die Familie und Gott“, sagte Serena Williams nach ihrem Sieg, seien das wichtigste in ihrem Leben. Sie hat einmal erzählt, dass die ganze Familie den Zeugen Jehovas angehört und dass sie bei jedem Seitenwechsel um Stärke betet. Mit der gleichen Überzeugung glaubt sie daran, dass sie die Beste ist, vielleicht einmal abgesehen von ihrer Schwester Venus. Durch ihren Erfolg ist sie in der Weltrangliste immerhin schon wieder die Nummer zwei hinter Davenport. „Irgendwann werde ich wieder da sein, wo ich hin will“, sagte Serena und schickt hinterher: „Ich habe keine Zweifel an mir.“

Alexander Hofmann[Melbourne]

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