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Sport: Mit Queen und Mr. Bean

Die ERÖFFNUNGSFEIER in London verbindet Ausdrucksstärke mit Amüsement – und ist so ganz anders als die in Peking.

Wenn die Olympischen Spiele in den nächsten zweieinhalb Wochen nur ein bisschen an ihre Eröffnungsfeier anknüpfen, dann werden es fröhliche, ausdrucksstarke Spiele – und sehr amüsante. Ein erster Held dieser Spiele ist jedenfalls Mister Bean mit einem Einfingerkeyboardspiel zu Chariots of Fire.

Die Spiele sind zurück in London, zum dritten Mal in ihrer Geschichte nach 1908 und 1948 – und das mit einer eindrucksvollen Eröffnungsfeier vor 60 000 Zuschauern im Stratford Stadium und eröffnet von der Queen als Staatsoberhaupt mit besonderer Würde.

Diese Feier, in zwei Jahren ausgedacht und einstudiert von Danny Boyle, dem Regisseur des oscarprämierten Films „Slumdog Millionaire“, begann grün und wurde richtig bunt. Aus dem Innenraum hatte Boyle am Anfang eine Feld-, Wald- und Wiesenlandschaft gemacht, auf der Schafe grasten und Gänse herumwatschelten. Und mit einem Baum auf einem Hügel, vielleicht dem Baum der olympischen Erkenntnis. Boyles Bildergeschichte arbeitete sich zu dem vor, womit Großbritannien die Welt verändert hat, „im Guten wie im Schlechten“, wie Boyle sagte: der industriellen Revolution. Da wuchsen dampfende Schlote in den Himmel, fast stadiondachhoch, der Stahl floss glühend durch den Innenraum.

„Eine Feier der Großzügigkeit, der Großherzigkeit“ wollte Boyle mit seinen 10 000 Darstellern und seinem Budget von 35 Millionen Euro aufführen. Eine Feier, die zeigt, was Großbritannien ausmacht, seine Werte, seine Musik, seine Literatur. Das hat er geschafft, auch dank prominenter Hilfe. J.K. Rowling las in einem ihrer selten öffentlichen Auftritte aus Peter Pan vor. Prominente Musiker wie Mike Oldfield und Paul McCartney traten auf. Die Feier unterschied sich so ganz von der, die 2008 in Peking zu sehen war, als China sich als bevölkerungsreichstes Land der Welt vorstellte – als neue Weltmacht. „Man kann es nicht größer machen als Peking“, wusste Boyle, „das ist auch befreiend.“

Boyle stellte Großbritannien als charmant und lebendig vor. Und die Queen war sich nicht zu schade, bei einem ironisierten Filmchen mitzuspielen, in dem sie sich von James Bond zur Eröffnungsfeier abholen lässt und aus dem Hubschrauber per Fallschirm ins Stadion springt. Und danach mit ihrem Mann ins Stadion in die Loge kommt. Hinter der Königin stand Thomas Bach, der Vizepräsident des Internationalen Olympischen Komitees, wie der Kronprinz der olympischen Bewegung, während sich Präsident Jacques Rogge an der Seite aufhielt. Als die Queen dann Platz genommen hatte, durfte auch endlich getanzt werden, zur Pop- und Rockmusik, mit der Großbritannien die Welt beschallt.

Boyle ließ auch ein Loblied auf den National Health Service singen, die nationale Gesundheitsfürsorge, „die jedem eine medizinische Behandlung ermöglicht, ganz gleich ob er arm oder reich ist“. Eine bessere Grußadresse an den Gast aus Amerika hätte Boyle gar nicht erfinden können. Denn wenn Mitt Romney, der Präsidentschaftskandidat der Republikaner, eines ablehnt, dann eine Gesundheitsfürsorge für alle. Boyle dagegen hält sie für so wertvoll und wunderbar, das er ihr eine eigene Sequenz widmete.

Nach einer Liebesgeschichte und einer Hommage an Tim Berners-Lee, den Erfinder des World Wide Web, waren dann die Athleten mit ihrer ersten sportlichen Leistung dran: dem Einlaufen ins Stadion. Natascha Keller schwenkte fröhlich die deutsche Fahne, sie trug wie alle deutschen Athletinnen Pink, die Athleten trugen Hellblau, und von der Tribübe winkte Bundespräsident Joachim Gauck so heftig, als hielte er selbst die Fahne in der Hand.

Olympia kann noch verspielt sein, ohne dabei an Substanz zu verlieren – das ist vielleicht das größte Geschenk, was diese Feier den Spielen machen konnte.

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