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Sport: Müde und angeschlagen

Nach schlechten Ergebnissen bei der Skiflug-WM stehen die deutschen Springer vor dem Umbruch

Von seiner Gefühlslage soll nichts nach außen dringen. Peter Rohwein, Cheftrainer der deutschen Skispringer, steht aufrecht da. Er wirkt müde und angeschlagen, doch seine Gedankenwelt ist nicht für den Kreis bestimmt, der sich um ihn geschart hat und Analysen erwartet. Erklärungen, warum die deutschen Athleten bei der Skiflug-Weltmeisterschaft in Oberstdorf schlecht wie nie zuvor abgeschnitten haben. Im Einzel war Martin Schmitt auf Platz 15 der Beste. Ihm folgten Michael Uhrmann als 19., Michael Neumayer als 21. und Georg Späth als 30. und damit Letzter des Finales. Mit hängenden Schultern und gesenktem Kopf fuhr Späth durch den Auslauf. Es war ein Bild des Jammers.

Die Resultate auf der Heini-Klopfer-Schanze bieten einen realistischen Leistungsstand der deutschen Skispringer, sie sind ein Spiegelbild der Saison – und die war geprägt von vielen Enttäuschungen, noch mehr Mittelmaß und nur wenigen Freudentagen. Einer davon war der dritte Platz Michael Neumayers bei der Vierschanzentournee. Der Deutsche Skiverband (DSV) hatte danach entschieden, mit dem in der Kritik stehenden Rohwein weiter zu arbeiten. „Wir hatten uns vorgenommen, an einer Medaille zu kratzen oder im Teamwettbewerb eine Medaille zu erreichen“, sagte Sportdirektor Thomas Pfüller. Das gelang nicht. Gestern beendete das deutsche Quartett den Teamwettbewerb auf dem vierten Platz, 191,6 Punkte hinter Weltmeister Österreich. „Gemessen an den Möglichkeiten in unserem Verband ist das ganz einfach nicht ausreichend“, sagte Pfüller.

Der Glaube an die Entwicklungsfähigkeit der Mannschaft ist längst abhanden gekommen. Andere Nationen wie Norwegen und Finnland haben sich nach der Tournee gesteigert, die Fehler der Deutschen wurden aber beim Skifliegen noch krasser sichtbar als auf kleineren Schanzen. „Es ist nicht das Problem, dass sie es nicht könnten, sondern dass sie sich vielleicht selbst wieder zu viel unter Druck setzen“, sagte Peter Rohwein. In seinen Worten schwang Resignation mit.

Wenn die Konkurrenz enteilt, bleiben Schuldzuweisungen nicht aus. „Andere gehen den Sprung aggressiver an, da haben wir uns die letzten zwei Jahre zurück entwickelt“, sagte Rohwein. In der Bewertung des Skisprungbildes fehlt Thomas Pfüller noch ein Puzzleteil: die Junioren-WM in Zakopane am kommenden Wochenende. „Ich bin weit davon entfernt zu sagen, dass alles, was im Skisprung schlecht ist, Peter Rohwein verantwortet“, sagte der Sportdirektor. DSV-Präsident Alfons Hörmann spricht allerdings bereits von einer kommenden „Zäsur im gesamten Skisprung-Bereich“.

Denn auch im Nachwuchs geht nichts voran. Der letzte deutsche Juniorenweltmeister war Michael Uhrmann – 1996. Im Continental-Cup, der zweiten Liga für Skispringer, sind deutsche Talente nicht unter den Top 30 zu finden. „Wir haben gute junge Leute, aber wir dürfen auch nicht den Fehler machen, sie schon wieder unter Druck zu setzen“, sagte Rohwein. Thomas Pfüller kündigt strukturelle Veränderungen an. Wieder einmal. Das Konzept mit stärkeren Stützpunkten hat bisher kaum Erfolge gebracht, da die Kommunikation unter den Trainern ungenügend, dazu von unterschiedlichen Auffassungen geprägt ist. Trainingsmethodische Neuerungen tun Not, ebenso Personaldebatten. „Aber ich führe während einer WM keine Personaldiskussion“, sagte Pfüller. Auch Peter Rohwein will von einem Rücktritt nichts wissen: „Wir beenden die Saison mit Anstand.“

Stefanie Wahl[Oberstdorf]

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