zum Hauptinhalt
Applaus für Hertha. Finanzgeschäftsführer Ingo Schiller (links, mit Bürgermeister Klaus Wowereit, 2.v.r.) konnte zuletzt positive Nachrichten verkünden.

© DAVIDS

Nach dem Ausrüsterdeal: Herthas Finanzen: Das Wasser sinkt

Hertha BSC verzeichnet nach dem Aufstieg höhere Einnahmen und baut den Schuldenberg ab. Um sich dauerhaft zu konsolidieren, muss der Verein unbedingt in der Bundesliga bleiben.

Ingo Schiller ist im Besitz sämtlicher Schwimmabzeichen vom Seepferdchen bis zum Fahrtenschwimmer. Insofern kann ihm die neue Situation bei den Finanzen von Hertha BSC keine Angst machen. „Hertha schwimmt im Geld“, war am Wochenende in einer lokalen Zeitung zu lesen. Eine Schlagzeile, die Schiller, den Finanzgeschäftsführer des Fußball- Bundesligisten, im besten Fall zum Schmunzeln, im schlimmsten zum Ärgern gebracht hat. Natürlich ist die Deutung schamlos übertrieben. Hertha schwimmt auch weiterhin nicht im Geld – droht aber auch fürs Erste nicht mehr in den Schulden zu ertrinken. „Diese Sorge hatten wir nie“, sagt Schiller. Allerdings hat der Klub, um im Bild zu bleiben, ein paar Mal wild nach Luft gejapst.

Dass sich die Lage inzwischen entspannt hat, liegt in erster Linie an Herthas prompter Rückkehr in die Bundesliga. Die Abstiege 2010 und 2012 sind den Verein teuer zu stehen gekommen – jetzt aber geht es wieder aufwärts, sportlich und finanziell. Am Wochenende konnte der Klub nicht nur den 6:1-Sieg gegen Eintracht Frankfurt feiern, sondern auch einen wichtigen Vertragabschluss. Der Ausrüster Nike hat die ohnehin noch bis 2015 laufende Zusammenarbeit vorzeitig bis 2025 verlängert. „Das ist ein sehr positives Signal“, sagt Schiller. Und bezogen auf die lange Laufzeit: „Es ist ein enormer Vertrauensbeweis eines unserer wichtigsten Partner.“ Zumal die Initiative von Nike ausgegangen sei. „Das zeigt die Bedeutung, die Hertha und Berlin für Nike besitzen.“

Die Erlöse sind an das Abschneiden von Hertha BSC gekoppelt

Welche Erlöse der Vertrag dem Verein einbringen wird, ist in hohem Maße vom Abschneiden der Mannschaft abhängig – so wie es auch jetzt schon der Fall ist. „Es sind alle Möglichkeiten abgedeckt“, sagt Schiller, vom Abstieg bis zur Meisterschaft. Derzeit erhält Hertha bei einer Platzierung im Liga-Mittelfeld rund zwei Millionen Euro pro Saison. Sollte der Klub Meister werden, steigt die Vergütung auf fünf Millionen. Davon muss Hertha allerdings noch 20 Prozent an den Vermarkter Sportfive abführen. Die aktuellen Konditionen gelten bis 2015 unverändert weiter, erst danach greift der neue Vertrag.

Einen finanziellen Quantensprung machen die Berliner dadurch allerdings nicht – die Bezüge steigen nur leicht. Hertha ist eben nicht mehr wie beim letzten Abschluss vor fünf Jahren ein etablierter Bundesligist und regelmäßiger Europapokalteilnehmer; Hertha ist inzwischen ein Klub, der zuletzt zwischen Erster und Zweiter Liga gependelt ist. Die öffentlich gehandelten Zahlen (30 bis 40 Millionen Euro für zehn Jahre) sind daher vermutlich etwas zu hoch gegriffen. Einen dauerhaften Verbleib der Mannschaft in der Bundesliga und ein durchschnittliches Abschneiden vorausgesetzt, dürfte der Erlös für Hertha, abzüglich der Provision für Sportfive, eher zwischen 20 und 25 Millionen Euro liegen. Ob der Klub für den Abschluss schon vorab eine Prämie erhalten wird, wollte Schiller nicht sagen, es ist aber nicht unwahrscheinlich.

Für die finanzielle Konsolidierung ist ein dauerhafter Bundesliga-Verbleib zwingend notwendig

Diese sogenannte Signing Fee dürfte allerdings bei Weitem nicht mehr jene Dimension haben wie zu Anfang des Jahrtausends, als sich Hertha den Betrag für sechs Jahre auf einen Schlag auszahlen ließ, weil andernfalls die Liquidität nicht gesichert gewesen wäre. „Wir haben wieder eine gute Balance gefunden“, sagt Schiller. Durch den Aufstieg hat sich vor allem die Ertragsseite verbessert. Die Sponsoringeinnahmen werden sich mehr als verdoppeln: von 13 Millionen Euro in der Zweitligasaison auf 31 Millionen (kalkuliert). Von den Exklusivpartnern (Sponsoren, die mindestens eine halbe Million Euro im Jahr zahlen) hat Hertha die meisten halten können, zwei Verträge wurden verlängert (Audi, Coca Cola); zwei neue Partner (Verivox, Directline) sind hinzugekommen. Bei den Fernsehgeldern machen sich zwei Faktoren positiv bemerkbar. Zum einen werden Erstligisten überproportional besser bedient als die Vereine der Zweiten Liga; zum anderen greift ab dieser Saison der deutlich besser dotierte Fernsehvertrag der Deutschen Fußball-Liga. Allerdings wird Hertha gerade beim Fernsehgeld die Folgen des sportlichen Misserfolgs auch mittelfristig noch zu spüren bekommen. Beim ersten Abstieg 2010 lagen die Berliner auf Platz sieben der Fernsehgeldtabelle; nach zwei Jahren in der Zweiten Liga sind sie aktuell 17. – Der Unterschied macht in dieser Saison zehn Millionen Euro aus.

Für eine weitere finanzielle Konsolidierung ist ein dauerhafter Verbleib in der Bundesliga daher zwingend notwendig. Dass Hertha in der vorigen Saison den Schuldenstand reduziert hat, ist allein einer außerplanmäßigen Einnahme zu verdanken: Der Klub kassierte im Juni für den Abschluss eines neuen Cateringvertrages eine Provision von zehn Millionen Euro. Dadurch sanken die Schulden von 44 Millionen auf „deutlich unter 40 Millionen Euro“, wie Ingo Schiller bestätigt. Von der in der Zweitligasaison gestundeten Miete für das Olympiastadion, so Herthas Geschäftsführer, habe der Klub einen Großteil bereits zurückgezahlt, der Rest soll laut Schiller bis zum Jahresende beglichen werden.

So kann sich der Verein unter besonderen Umständen sogar schon wieder besondere Großzügigkeit leisten. Am Dienstag spendete Hertha einen mittleren fünfstelligen Betrag für die Opfer der Hochwasserkatastrophe in diesem Frühjahr. Die komplette Antrittsgage für das Freundschaftsspiel bei Rasenballsport Leipzig wurde dem Landessportbund (LSB) Brandenburg treuhänderisch übergeben. Der LSB soll damit ein gutes Dutzend Sportvereine mit rund 2500 Sportlern unterstützen, die unter den Folgen des Hochwassers leiden. „Das ist eine wirklich gute Aktion von Hertha BSC“, sagte Andreas Gerlach, der Hauptgeschäftsführer des LSB, „und eine mehr als honorige Geste.“

Zur Startseite

showPaywall:
false
isSubscriber:
false
isPaid:
showPaywallPiano:
false