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Michel Platini hat viel versprochen, aber wenig gehalten.

© AFP

Nach dem Fifa-Kongress: Revolution gegen Sepp Blatter? Vorerst verschoben!

Die Politik fordert entschlossenes Vorgehen gegen die Fifa – dabei sind sich nicht mal die Europäer einig. Das alles spielt Sepp Blatter in die Karten - eine Revolution im Fußballweltverband ist nicht in Sicht.

Von Johannes Nedo

Die Kritik aus der Politik an der Fifa und dessen Präsidenten Joseph Blatter reißt nicht ab – und die Absender werden immer hochrangiger. Am Montag forderte nun auch die EU-Kommission Veränderungen beim Fußball-Weltverband. „Für Korruption ist im Sport kein Platz. Die Fifa hat genug Zeit und Gelegenheiten zur Reform bekommen“, sagte eine Sprecherin in Brüssel, nun sei es Zeit für Veränderungen. „Die Integrität des Fußballs steht auf dem Spiel. Millionen Fans in aller Welt haben die Geduld verloren und verdienen Besseres.“

Ebenso deutlich mahnte Bundesinnenminister Thomas de Maizière Reformen bei der Fifa an. Blatters Wiederwahl und die neuen Korruptionsvorwürfe zeigten, dass dringend Handlungsbedarf bestehe, sagte er. Es sei ein Problem, „dass dort jedes Land eine Stimme hat, obwohl die fußballerische Bedeutung der Länder unterschiedlich ist“. Doch bei all der Kritik an der Fifa, de Maizière tadelte auch den Auftritt der europäischen Verbände beim jüngsten Kongress in Zürich. „Zunächst wäre mal wichtig, dass Europa sich einig ist. Das ist nicht der Fall gewesen.“

Nichts von dem was die Europäer angekündigt hatten, ist bisher passiert

Die Vertreter des europäischen Verbands Uefa sowie zahlreiche Verbandspräsidenten aus Europa hatten nach den Verhaftungen von Fifa-Funktionären ein hartes Vorgehen gegen Blatter angekündigt. Ein Boykott der Präsidentenwahl wurde erwogen, oder zumindest der Antrag, die Wahl zu verschieben und eine außerordentliche Sondersitzung des Fifa-Kongresses einzuberufen. Doch nichts dergleichen geschah. Stattdessen verließen sich die Europäer darauf, dass ihr Kandidat Prinz Ali bin al-Hussein genug Stimmen zusammenkratzen könnte, um Blatter abzulösen. Doch der Jordanier musste sich am Ende deutlich geschlagen geben, auch wenn er einen Sieg Blatters mit Zwei-Drittel-Mehrheit verhindern konnte.

Seit der Niederlage beim Fifa-Kongress verweisen die Europäer auf das geplante Uefa-Treffen am Samstag vor dem Champions-League-Finale in Berlin. Dort will sich Uefa-Präsident Michel Platini mit den Vertretern der 53 Nationalverbände abstimmen. Dass die Europäer sich dann auf beherzte Schritte gegen Blatter einigen können, wie es die Politik fordert, scheint wenig realistisch. Denn die europäischen Verbände sind ebenso gespalten wie die Fifa. Es gibt mittlerweile sogar drei Gruppen: die Entschlossenen, die Zauderer und die Blatter-Freunde. Die Engländer gehören zu den Entschlossenen, sie geben der Fifa am stärksten Kontra: So erneuerte Englands Verbandschef Greg Dyke den möglichen Vorstoß, die nächste WM aus Protest gegen Blatter zu boykottieren. Er rief Deutschland und die Niederlande auf, sich anzuschließen. Die gleiche Meinung vertreten Dänemark und Norwegen.

In der Uefa gibt es drei Gruppen: die Entschlossenen, die Zauderer und die Blatter-Freunde

Doch die Deutschen wie die Niederländer sind direkt nach Kongressende zu Zauderern geworden. DFB-Präsident Niersbach betonte am Montag, er setze „keine zu hohen Erwartungen“ in das europäische Treffen in Berlin. „Die Fakten sind jetzt geschaffen“, sagte er. Auch eine Abspaltung von der Fifa lehnte Niersbach ab. Die Forderung eines Gegenentwurfs zum Weltverband sei „immer schnell und populistisch formuliert. Wir wollen keine Verhältnisse wie beim Boxen, wo es mehrere Parallelverbände gibt. Das funktioniert nicht“, betonte der 64- Jährige und ist damit auf einer Linie wie Franz Beckenbauer.

Das frühere Mitglied im Fifa-Exekutivkomitee dürfte Niersbach also auch deshalb nicht zusammengefaltet haben, wie Blatter in einem Interview behauptet hatte, weil sie wissen: In der Welt der Funktionäre geht es jetzt darum, sich dem Fifa-Präsidenten wieder langsam anzunähern. Die Niederländer geben sich ebenso kleinlaut. Verbandspräsident Michael van Praag, der seine Kandidatur gegen Blatter erst kurz vor der Wahl zurückgezogen hatte, sagt, er glaube nicht mehr an eine Revolution der Europäer gegen die Fifa.

Und dann ist da ja noch die Gruppe der europäischen Blatter-Freunde. Neben Russland zählen dazu laut „Mail on Sunday“ unter anderem auch Spanien, Frankreich, die Türkei und weitere osteuropäische Länder. Insgesamt sollen mindestens 15 Europäer für Blatter gestimmt haben. Wenn dieses Verhältnis auch bei der Sitzung in Berlin herrscht, müssen sich die europäischen Politiker darauf einstellen, dass ihre Fifa-Kritik wenig Gehör finden wird.

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