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Blick nach vorn. Vettel sucht Erkenntnisse, die in der neuen Saison helfen könnten.

© dpa

Sebastian Vettel gibt weiter Gas: Nach dem Titel ist vor dem Titel

Den WM-Titel 2013 hat Sebastian Vettel längst sicher. In den abschließenden Rennen geht es aber nicht um ein paar weitere Rekorde, sondern auch schon um die nächste Formel-1-Saison.

Eigentlich könnte Sebastian Vettel in den letzten beiden Saisonrennen ein bisschen den Fuß vom Gas nehmen. Den vierten Weltmeistertitel in Folge hat der deutsche Formel-1-Pilot längst in der Tasche, auch die Konstrukteurs-WM hat sein Team Red Bull schon wieder gewonnen. Doch von einem lockeren Ausrollen ist auch vor dem Grand Prix der USA in Austin (20 Uhr MEZ, live bei RTL und Sky) nichts zu spüren. In der Qualifikation fuhr er einmal mehr die schnellste Runde und geht damit vom ersten Startplatz aus ins Rennen.

Vettel gibt weiter Vollgas, und das bei weitem nicht nur, weil ein Erfolg in Austin auf seiner Liste noch fehlt. Letztes Jahr gewann Lewis Hamilton, diesmal will aber unbedingt der Heppenheimer vorn sein. Auch wenn ein Erfolg in diesem Jahr nicht ganz so wichtig ist, wie er damals gewesen wäre, als die WM noch nicht entschieden war. „Im Wettkampfmodus ist alles etwas anders, aber man muss nicht mehr um jeden Preis gewinnen“, meint Vettel. „Wenn man eine Lücke sieht, sticht man aber natürlich rein. Manchmal muss man eben etwas rücksichtslos sein, aber man muss auch immer fair bleiben und Respekt zeigen.“ Wobei er eines mit typischem Vettel-Humor betont: Ein Gentleman müsse man auf der Strecke trotzdem nicht sein – „schließlich fahren ja keine Frauen mit“.

Aber da ist noch mehr. Mit einem Sieg könnte er auch einen neuen Rekord aufstellen. Noch liegt Vettel mit sieben aufeinanderfolgenden Siegen in einer Saison gleichauf mit Michael Schumacher an der Spitze. Ein weiterer Erfolg in Austin würde ihn zum alleinigen Rekordhalter machen. Wobei ihm selbst das angeblich nicht so wichtig ist: „Ich bin nicht hier, um Rekorde zu brechen. Es würde mich allerdings nicht stören, wenn es so kommen würde, aber das ist nicht der Grund, warum ich ins Auto steige.“ Für ihn ist wichtiger, dass allen klar wird, welche Leistung hinter solchen Rekorden steht – nicht nur seine eigene, sondern auch die des Teams. „Von außen sieht man nicht so gut, wie viel Arbeit dahinter steckt“, sagt er. „Jedes Rennen ist ein Schwergewicht, das man stemmen muss. Diese Leistung bislang sieben Mal hintereinander erbracht zu haben, ist etwas Besonderes, und es gibt keine Garantie, es erneut zu schaffen.“

Beim Saisonabschluss in einer Woche in Brasilien wären sogar weitere Rekorde drin. Vettel könnte die Bestmarke von Alberto Ascari einstellen, der in den Fünfzigern neunmal hintereinander gewann, allerdings nicht in einer Saison. Und die Einstellung eines weiteren Schumacher-Rekords: 13 Siege in einer Saison. Die zuletzt extrem gute Form von Red Bull spricht dafür, dass das alles möglich ist, doch auch da ist Vettel lieber vorsichtig, wenn von seiner großen Dominanz die Rede ist. „Generell mag ich das Wort Dominanz nicht“, sagt er. „Das verbindet man immer damit, dass alles einfach ist. Ich weiß aber, dass die Jungs hier sehr hart und lange arbeiten, sich viele Stunden den Kopf zerbrechen, wie es noch besser geht.“

Es gebe immer noch etwas zu verbessern, selbst wenn man so viel gewonnen habe wie Red Bull in diesem Jahr. „Auch wenn man schon sehr gut ist, gibt es immer noch Dinge, die man besser machen kann. Wir zeichnen uns dadurch aus, dass wir auf uns selbst schauen und uns nicht ablenken lassen“, analysiert er das Erfolgsgeheimnis. „Dass es von außen teilweise so wahrgenommen wird, ist dann eher ein Kompliment für uns als etwas anderes.“

Und genau das – das ständige Verbessern in allen Bereichen – ist der nächste und wohl auch wichtigste Grund dafür, warum es bei Vettel und Red Bull kein lockeres Ausklingen der Saison gibt. Reglementänderungen für nächstes Jahr mit all den neuen Motoren, neuen Chassiskonfigurationen, neuen Reifen hin oder her: Es gibt immer etwas, was man auch an den Autos dieser Saison schon ausprobieren und lernen kann, um es dann in die nächste Saison mitzunehmen. „Wann immer man ein Formel-1-Auto zum Fahren bringt, lernt man etwas“, hat Vettels Teamchef Christian Horner einmal gesagt. Horner wird sich deshalb schon jetzt den Kopf darüber zerbrechen, wie man in einer Woche in Brasilien mit den dann im Freien Training erstmals eingesetzten 2014er Reifen am besten umgeht, wie man dann das diesjährige Auto so einstellt, dass es der 2014er-Version im Verhalten nahe kommt, um wichtige Erkenntnisse mitnehmen zu können. Der Saisonausklang wird quasi zu den ersten Testfahrten für die nächste Saison umdeklariert. Denn nach dem Titel ist vor dem Titel.

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