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Wo geht's lang. Bisher wurden auf dem Nürburgring alle zwei Jahre Formel-1-Rennen ausgetragen.

© dpa

Nach der Pleite des Nürburgrings: Ist er doch noch zu retten?

Formel-1-Chef Bernie Ecclestone will offenbar den Nürburgring kaufen – damit könnte er Kurt Beck aus dem Schlamassel helfen. Aber was bezweckt Ecclestone wirklich?

Als uneigennütziger Wohltäter ist Bernie Ecclestone bisher nicht aufgefallen. Und auch bei seinem neuesten Vorhaben ist kaum davon auszugehen, dass er aus reiner Nächstenliebe oder gar Mitleid handelt, vielmehr will er wohl Profit aus der Notlage anderer ziehen. Der Formel-1-Boss hat offenbar vor, den Nürburgring, die Traditionsrennstrecke in der Eifel, zu kaufen. Nach einem Telefongespräch mit dem rheinland-pfälzischen Innenstaatssekretär Roger Lewentz (SPD) bestätigte Ecclestone sein generelles Interesse. Über Preisvorstellungen oder Bedingungen wollte sich der mächtige Mann der Rennstrecken nicht äußern.

Sein Angebot dürfte aber gut ankommen. Nach der Insolvenz der staatlichen Nürburgring GmbH dürften interessierte Investoren gefragt sein. Man wolle die Formel 1 in der Eifel halten und langfristig eine Privatisierung des Nürburgrings anstreben, kündigten Thomas B. Schmidt, der Sanierungsgeschäftsführer des Unternehmens und der Tochterfirmen und der vom Insolvenzgericht berufene Sachwalter Jens Lieser an. „Es gibt derzeit verschiedene Denkmodelle, was die Zukunft des Nürburgrings betrifft“, sagt Mercedes-Sportchef Norbert Haug. „Die Strecke ist gut gebucht, und ich kann mir absolut vorstellen, dass hier ein wirtschaftlich tragfähiges Geschäftsmodell darstellbar ist.“ Bernie Ecclestone kann sich das offenbar auch vorstellen.

Der Einstieg des 83-Jährigen wäre die nächste Episode in der Endlossaga rund um das Pleiten-, Pech- und Pannenprojekt Nürburgring und um eventuelle Möglichkeiten, aus dem ganzen Drama doch noch irgendwie herauszukommen. Dass es funktionieren könnte, mitten im Niemandsland der Eifel mit einem großen Vergnügungspark rund um die Rennstrecke das gesamte Jahr über Einnahmen zu generieren, erschien vielen Beobachtern schon bei der großen Einweihung im Jahr 2009 mehr als zweifelhaft. Pannen gab es etliche. So funktionierte zum Beispiel die als große Attraktion angekündigte Achterbahn bei der Eröffnung nur im Schneckentempo. Oder man schloss einen Vertrag mit Boris Becker über acht Marketingauftritte ab. Es fanden aber nur drei statt, weil der teure Werbeträger angesichts steigender Finanzsorgen nicht mehr so recht ins Bild passte. Bezahlt werden musste aber alle acht – und dies waren nur zwei Beispiele.

Kurt Beck und Bernie Ecclestone sind sehr daran interessiert, dass auch künftig Formel-1-Rennen in der Eifel stattfinden.
Kurt Beck und Bernie Ecclestone sind sehr daran interessiert, dass auch künftig Formel-1-Rennen in der Eifel stattfinden.

© dapd

Insgesamt sollen in den vergangenen zehn Jahren mehr als 500 Millionen Euro aus öffentlichen Kassen in das Projekt geflossen sein, trotzdem häuften sich mehr als 400 Millionen Euro Schulden an. Wie jetzt herauskommt, hatten Wirtschaftsprüfer wohl schon vor zwei Jahren vor hohen Verlusten gewarnt.

Damals zeigte sich der rheinland-pfälzische Landesvater Kurt Beck (SPD) noch zuversichtlich. So wie er sich schon die ganze Zeit für das Projekt ausgesprochen hatte. Nicht einen Euro müsse der Steuerzahler für den Freizeitpark Nürburgring zahlen, hatte Beck versprochen. Und nun könnte es sein, dass der Ministerpräsident ausgerechnet von Ecclestone, gegen den die Münchner Staatsanwaltschaft wegen mutmaßlicher Bestechung in zweistelliger Millionenhöhe ermittelt, bei seinem Herzensthema unterstützt wird.

Dass Ecclestone schon Ende vergangener Woche ein Angebot unterbreitet habe, den Grand Prix auf dem Nürburgring auf eigenes Risiko zu betreiben, also auf das übliche Antrittsgeld in zweistelliger Millionenhöhe zu verzichten und dafür alle Einnahmen zu kassieren, dementierte er. Genau das hatten die privaten und mittlerweile gekündigten Nürburgring-Pächter Kai Richter und Jörg Lindner aber im Rahmen des Grand Prix am Hockenheimring in der zurückliegenden Woche behauptet.

Lindner erklärte in der „Zeit“, dass es vonseiten der jetzigen Betreiber des Nürburgrings ebenfalls Kaufüberlegungen gebe. Auf Finanzspritzen aus der Politik will er dabei in Zukunft verzichten – Ecclestone könnte ihm dabei helfen. Wenn der kleine große Finanz-Pokerplayer am Nürburgring einsteigt, dann aber nur, wenn er sich davon auch einen entsprechenden Gewinn verspricht.

Seit 2008 wechselten sich Nürburg- und Hockenheimring jährlich mit der Austragung des Formel-1-Rennens in Deutschland ab. Den deutschen Grand Prix jedes Jahr in Hockenheim zu fahren, wäre für Ecclestone nicht sonderlich lukrativ. Dort bekommt er weniger Fixum als anderswo, um das Rennen überhaupt durchführbar zu machen. Und der angestrebte Break-even-Point bei der Zuschauerzahl, 65 000 am Sonntag, wurde dieses Jahr mit 59 000 auch wieder verfehlt.

In der Eifel aber könnte er vielleicht mehr Geld herausholen. Vor allem, wenn er am Ende allein das Sagen hätte und Regie führen dürfte, so wie es seinem Naturell entspricht, dann hätte Bernie Ecclestone sicher großes Interesse am Kauf des Nürburgrings. Und er baut sicher auch darauf, dass gerade Ministerpräsident Kurt Beck wohl alles tun würde, um aus dem größten und für den Steuerzahler bisher teuersten Desaster seiner politischen Karriere noch irgendwie mit nur einem blauen Auge wieder herauszukommen.

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