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TSG 1899 Hoffenheim - Hertha BSC Berlin

© dpa

Nach Hoffenheim: Hertha bleibt verhalten

Trainer Lucien Favre hält auch nach dem Sieg in Hoffenheim am Saisonziel Uefa-Cup fest – nur Manager Dieter Hoeneß träumt inzwischen von mehr.

Welcher Fußballspieler lässt sich schon gerne auswechseln? Patrick Ebert genießt jeden Augenblick auf dem Platz, zu oft hat er in den vergangenen Wochen zuschauen müssen, weil er mal gesperrt war und mal verletzt und dazu reichlich Probleme hatte, die mit Fußball nichts zu tun haben. Am späten Freitagabend aber hätte Ebert gern ein bisschen früher Schluss gemacht. Ein paar Minuten nur. Ebert hatte das Tor des Tages geschossen zum 1:0-Sieg von Hertha BSC bei der TSG Hoffenheim. Er war der Held des Abends, und Lucien Favre hätte ihm gern die symbolische Auswechslung und den Applaus der Fans gegönnt und die verdiente Ruhe dazu. „Patrick war platt“, sagte der Trainer. Weil aber der Rechtsverteidiger Lukasz Piszczek über Probleme im Oberschenkel klagte, musste Ebert auf seiner Seite durchhalten. 90 Minuten plus Nachspielzeit, bis endlich Schluss war.

Mit schweren Schritten ging der Torschütze vom Platz, sein Trainer folgte, der im Zickzacklauf den Gratulanten auswich und dabei auch eine Umarmung des schwergewichtigen Managers Dieter Hoeneß gekonnt parierte. Hoeneß formulierte später den bedeutungsschweren Satz: „Wenn wir nächsten Sonntag auch noch in Hamburg gewinnen, dann ist alles möglich.“ So offensiv hat sich bei Hertha noch niemand geäußert, erst recht nicht Lucien Favre, der auch am Freitag in jedes der zahlreichen Mikrofone davon sprach, er denke nur von Spiel zu Spiel, und Hamburg sei noch weit weg, und selbstverständlich sei das Saisonziel nach wie vor ein Platz im Uefa-Cup, was denn sonst?

Favre spricht von Effizienz

Favres defensive Einschätzung vertrug sich bestens mit dem Empfinden der Hoffenheimer, die mal wieder die Fußballwelt nicht verstanden. „Liebe Zuschauer, applaudiert dieser Mannschaft, sie hat ein großartiges Spiel gemacht“, soufflierte der Stadionsprecher, und das Publikum spendete pflichtgemäß Beifall. Die Statistik verzeichnete eine Überlegenheit von 25:9 Torschüssen, 15:2 Ecken und 38:10 Flanken für den Aufsteiger. „Hoffenheim hat sehr gut gespielt“, befand Favre, „aber wir waren sehr effizient.“

Favre spricht gern von der Effizienz seiner Mannschaft in diesen Tagen, da Hertha die Ergebniskrise der ersten Aprilwochen überwunden hat und wieder ein ernster Kandidat für einen der ersten drei Tabellenplätze ist. Effizienz definiert das Verhältnis von Aufwand und Ergebnis. Dass das Ergebnis, die Effektivität, stimmt, lässt sich bei einem Blick auf die Tabelle schwerlich negieren. 55 Punkte aus 29 Spielen sprechen für sich. Effektiv ist Herthas Spiel also in jedem Fall, ist es aber auch effizient?

Das würde unterstellen, die Berliner hätten ihr überraschend gutes Zwischenergebnis mit geringstmöglichem Aufwand erreicht. Diese These ist verführerisch für all jene, die Herthas wundersame Etablierung im Establishment als Zufall abtun. Als das Glück einer destruktiven Mannschaft, die alles Personal um den eigenen Strafraum schart und vorne auf den lieben Fußballgott hofft. Hoffenheims Mittelfeldspieler Sejad Salihovic hat sich am späten Abend in der Rhein-Neckar-Arena darüber beschwert, „dass wir 90 Minuten lang das Spiel machen und die Berliner mit einer einzigen Chance das Siegtor schießen“.

Herthas Spiel erfordert das Maximum an Laufbereitschaft

In der Tat war Herthas Chancenverwertung höchst effizient. Zwei Torschüsse gab es in der ersten Halbzeit. Der erste, abgegeben von Marko Pantelic, ging noch vorbei, der zweite war drin. Hoffenheim ergötzte sich an der optischen Überlegenheit, an der feinen Technik und dem gefälligen Passspiel. Aber einen Spielzug, wie er dem Berliner Siegtor vorausging, brachte der Aufsteiger im gesamten Spiel nicht zustande. Das blitzschnelle Verschieben von der linken auf die rechte Platzhälfte, ausgelöst durch Raffaels Dribbling und Pantelics Querpass auf Patrick Ebert, der nur noch Timo Hildebrand vor sich hatte und diese 1:1-Situation gewinnbringend verwertete. Fünf Sekunden, die aus einer x-beliebigen Spielsituation die entscheidende Szene des Abends machten.

Das Berliner Spiel ist darauf angelegt, solche Situationen zu ermöglichen. Es erfordert ein Maximum an Laufbereitschaft und taktischer Disziplin. Ebert konnte nur deshalb zur richtigen Zeit am richtigen Ort sein, weil er zuvor einen Sprint über das halbe Feld hingelegt hatte. Das kostet Kraft. Oft arbeitet Hertha 90 Minuten lang, um zwei- oder dreimal gefährlich vor dem gegnerischen Tor aufzutauchen. In Hoffenheim flankten und schossen die Berliner seltener als ihre Gegner, aber in einer entscheidenden Statistik hatten sie die Nase vorn: Sie gewannen 54 Prozent der Zweikämpfe. „Wir haben gekämpft, geackert und intelligent verteidigt“, sagte der überragende Josip Simunic. „Und das Tor, das haben wir uns erarbeitet.“

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