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Sport: Nach Masters-Sieg will Lindsay Davenport wieder Nummer eins werden

New York Martina Hingis war bedient und froh zugleich. "Zum Glück ging das Finale diesmal nicht über drei Gewinnsätze", meinte die Weltranglisten-Erste, "das Ergebnis wäre dann auch nicht besser gewesen.

New York Martina Hingis war bedient und froh zugleich. "Zum Glück ging das Finale diesmal nicht über drei Gewinnsätze", meinte die Weltranglisten-Erste, "das Ergebnis wäre dann auch nicht besser gewesen." 63 Minuten lang leiden reicht schließlich. Die große Bühne des Madison Square Gardens gehörte zum Jahresabschluss Lindsay Davenport, die der Schweizerin im Masters-Finale eine Lehrstunde in Sachen Powertennis erteilte. "Das war vielleicht das beste Tennis meiner Karriere", staunte die Amerikanerin selbst über ihre Schlagkünste, die ihr im dritten Anlauf endlich die Krönung im "Big Apple" bescherten. 6:4, 6:2 im Eilverfahren - mit einer derartigen Demontage der Nummer eins durch die Nummer zwei der Welt hatte vor dem Finale niemand gerechnet.

13 000 Fans feierten Davenport mit tosendem Applaus. Dies war ein neues Gefühl für die 23-Jährige, die bislang alles andere als ein Publikumsliebling war. Die Sympathien gehörten in den USA Monica Seles und zuletzt den Williams-Schwestern, aber nicht der 1,89 Meter großen Aufschlagexpertin, die - so der Wunsch ihrer Eltern - eigentlich im Volleyball Karriere machen sollte.

Doch Davenport entschied sich für den Filzball und den dornenreichen Weg. Als sie 17 Jahre alt war, machten sich die anderen Spielerinnen über sie lustig und verspotteten sie als "Sattelschlepperin". Das tat weh. Ebenso wie die Scheidung ihrer Eltern nach 28 Ehejahren Ende 1995. Es waren schwere Monate für die Tennisspielerin, die aus den Top Ten verschwand und beim Masters in der ersten Runde verlor. "Da habe ich gemerkt, dass ich unbedingt etwas ändern muss", erzählt Davenport heute. Sie engagierte den ehemaligen Profi Robert Vant Hof als neuen Coach, verzichtete auf den geliebten Pfann- und Schokoladenkuchen und mühte sich mit ungewohntem Sprinttraining. Sie verlor 14 Kilo Gewicht, gewann an Beweglichkeit sowie Selbstvertrauen und startete eine beachtliche Titelsammlung.

"Die vergangenen drei Jahre waren einfach phänomenal und mit dem Gewinn des Masters ist ein Traum für mich in Erfüllung gegangen", sagte Davenport nach dem Masters-Sieg. In den kommenden Monaten will sie Hingis wieder die Nummer Eins streitig machen. 1996 triumphierte Davenport bei den Olympischen Spielen in Atlanta, 1998 bei den US Open und in diesem Jahr in Wimbledon. Dazu beendete sie die vergangene Saison als Nummer eins der Welt. Die Schweizerin erklärte nach dem Final-K.o.: "Man gibt Lindsay viel zu wenig Kredit für das, was sie kann." Das liegt auch daran, dass die Weltranglisten-Zweite sich im PR-Zeitalter schlecht verkauft. Bereitwillig gönnt sie Serena und Venus Williams sowie Anna Kurnikowa die Schlagzeilen. Hauptsache, man lässt sie in Ruhe.

"Ich kann damit leben, wenn mich die Leute langweilig finden", erklärt die 23jährige, "aber ich bin nun einmal ein ruhiger Mensch." Wie sie diesen besonderen Sieg feiern werde, wurde Davenport abschließend gefragt. "Ich gehe zur Verlobungsfeier meines Agenten", sagte die Kalifornierin, "dort stehe ich nicht im Mittelpunkt und das macht mir Spaß."

Stefan Liwocha

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