zum Hauptinhalt
Charly Neumann

© dpa

Nachruf: Schalke trauert um Charly Neumann

Mannschaftsbetreuer Charly Neumann verkörperte auf Schalke sympathisches Verrücktsein. "I am the Maskottchen of Schalke", hat er einst erzählt. Am Dienstag ist Charly Neumann gestorben.

Wer als Kind den ersten Abstieg des FC Schalke 04 ertragen musste, der musste auch schwimmen lernen – in einem Meer von Tränen. Der Bademeister war Karl-Heinz Neumann, genannt Charly. „Wir steigen wieder auf, wir steigen wieder auf, wir steigen wieder auf!“, rief er an jenem Nachmittag im Sommer 1981, als verzweifelte Fans Trost bei ihm suchten. Weil kein Fotograf diesen Augenblick fotografisch festgehalten hatte, setzte Neumann seine Trauer für eine Boulevardzeitung am nächsten Tag nochmals ins Bild.

Mehr Passion als Job

Für diesen Mann und seine Funktion gab es nie eine Bezeichnung, die ihm wirklich gerecht geworden wäre. Nicht, dass es an Worten und Würdigungen gemangelt hätte für seine Arbeit, die mehr eine Passion als ein Job war. Neumann verkörperte in einer Zeit, in der sein Sport zum Geschäft wurde, den treuen Vasallen. Der Wortschatz des Fußballs bezeichnet ihn als Schalker Urgestein, als Mannschaftsbetreuer und als Faktotum. „I am the Maskottchen of Schalke“, antwortete er einst einem ausländischen Reporter, der ihn nach seiner Funktion im Klub fragte. Es gab Trainer, die ihn von der Bank verjagen wollten, aber dieser Mann hatte Sitzfleisch. Er ließ sich nicht von Vorgesetzten vertreiben, sondern erst von einer Krankheit. Nach mehreren Schlaganfällen musste er zuletzt von Helfern auf die Tribüne der Arena geführt werden.

Als Bäckerlehrling brachte er Ernst Kuzorra die Brötchen

Charly Neumann verkörperte Schalkes sympathisches Verrücktsein. „Wer auf Kohle geboren ist, kann nur auf Kohle spielen“, hat er einmal gesagt. Die Profis mochten ihn und ließen sich gerne von ihm bemuttern. Manchmal trug Neumann große Bleche mit Pflaumenkuchen in die Kabine und gab wartenden Reportern etwas davon ab. Den ersten Kontakt zu seinem Lieblingsklub, dem er schon 1950 beitrat,  hatte er sich verschafft, als er dem Schalker Übervater Ernst Kuzorra als Bäckerlehrling Brötchen nach Hause brachte. Sein Ziel war immer klar. „Ich wollte zum FC Schalke 04 dazugehören.“ Dieses Lebensziel hat er eindrucksvoll erreicht. Ein anderer Traum blieb unerfüllt. „Ich habe den lieben Gott gebeten, dass er mich nicht eher von der Erde abtreten lässt, bevor Folgendes wahr wird: Ich will die Schale in der Arena hochhalten, bevor ich sterbe.“

Am Dienstag ist Karl-Heinz Neumann im Alter von 77 Jahren zuhause gestorben.

Zur Startseite

showPaywall:
false
isSubscriber:
false
isPaid:
showPaywallPiano:
false