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Sport: National ohne Gegner

Die Bundesliga ist für den FC Bayern kein Maßstab

Uli Hoeneß sagte: „Wir haben natürlich im Moment einen Lauf.“ Sechs Bundesligaspiele, sechs Siege. „Man hat das notwendige Glück, dass in der Abwehr immer noch einer da ist, der den Ball wegschlägt, wenn der Gegner ein Tor hätte machen können“, erklärte der Manager von Bayern München. „Und im richtigen Moment muss eben dort einer stehen, wo der Ball hingehört.“ Wie in der 73. Minute des Bundesligaspiels bei Eintracht Frankfurt. Da wussten erst Mehmet Scholl und dann Ali Karimi, wo der Ball hingehört. Und dort stand eben Paolo Guerrero, der fünf Minuten zuvor eingewechselte Bayern-Stürmer brauchte nur noch einzuköpfen.

So führte der einzige sehenswerte Spielzug der Münchner zum 1:0 und dazu, dass der Lauf fortbesteht. Zum dritten Mal hintereinander hatten die Bayern ein Bundesligaspiel mit 1:0 gewonnen. „Man kann keinen Lauf haben ohne Klasse“, belehrte Hoeneß jene, die an den knappen Erfolgen der Münchner etwas auszusetzen haben.

Der Rekordmeister kam beim 15. Sieg seiner Rekordserie eher hemdsärmelig daher, strahlte aber dennoch stets jene Souveränität, Ruhe und Geduld aus, die den Frankfurter Anhängern permanent ein banges Gefühl gaben. „Wir machen immer ein Tor“, sagte der Franzose Willy Sagnol. Für diesen Glauben an das Siegtor hat der Meister in der Hinterhand „eine Waffe“ (Hoeneß): Die Joker Scholl und Guerrero. „Die beiden können sofort ein Spiel drehen“, sagte Hoeneß, „weil sie keine Anlaufzeit brauchen“.

In Frankfurt fehlten bei den Münchnern Ballack, Hargreaves, Pizarro und Santa Cruz. Doch solange sie 18 Spieler mit auf die Reise nehmen könnten, hätten sie keine Personalprobleme, sagte Hoeneß selbstgefällig. Doch in dem von den Frankfurtern leidenschaftlich geführten Kampfspiel hätte die Rekordserie auch reißen können. „Wenn die Mannschaft nicht so gekämpft und dagegen gehalten hätte, hätte sie auch nicht gewonnen“, sagte Hoeneß. Eintracht Frankfurt stellte sich nicht nur hinten rein, sondern suchte vorne ihre Chancen, die sie vor allem durch Arie van Lent auch hatte.

Nun sieht es bereits nach dem sechsten Spieltag wieder nach einem Alleingang der Bayern aus. Hoeneß amüsierte sich darüber, dass zur Halbzeit auf dem Videowürfel „jemand genüsslich eine Blitztabelle eingeblendet“ habe. „Da waren wir Zweiter. Nach dem Spiel sind wir Erster mit fünf Punkten Vorsprung. Diese Blitztabelle habe ich gar nicht gesehen.“ Der Manager weiß, dass einen Großteil der Republik das drohende Solo der Bayern verdrießt. Aber die Liga wird sich mit der Münchner Überlegenheit abfinden müssen. „National haben wir eine tolle Mannschaft“, sagte Hoeneß. Aber nicht Bremen, Schalke oder Hamburg seien der Maßstab, sondern „Juve, Chelsea, Real, Barcelona. Da wollen wir hin. Dafür müssen wir uns schon ein bisschen verbessern gegenüber dem Spiel in Frankfurt.“

Hartmut Scherzer[Frankfurt]

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