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Hallo Sommer! In der Jahreszeit angemessener Kleidung macht sich Joachim Löw daran, Brasilien zu erkunden.

© AFP

Löw und die WM-Vorbereitung: Wider die Urkräfte

Bundestrainer Joachim Löw erwartet in Brasilien eine Weltmeisterschaft unter erschwerten Bedingungen. Von der Gruppenauslosung am Freitag hängen die Details in der Vorbereitung ab.

Joachim Löw – das dürfte sich inzwischen herumgesprochen haben – ist ein Verfechter der Wenn-dann-Strategien: Der Bundestrainer denkt in klaren Handlungsfolgen. Wenn dies passiert, muss jenes folgen. Diese Strategie wendet der Bundestrainer jetzt auch bei der Wahl des Mannschaftsquartiers für die Weltmeisterschaft in Brasilien an. Normalerweise buchen die Deutschen ihr WM-Hotel schon, bevor der Turnierausrichter überhaupt ahnt, dass er sich um die Endrunde bewerben wird. Diesmal aber haben sich Löw und sein Stab unendlich viel Zeit gelassen. Am Freitag wird in Costa do Sauipe die Gruppenphase ausgelost, und trotzdem wissen die Nationalspieler noch nicht, wo sie im Juni schlafen werden.

Was auf den ersten Blick wie ein unverzeihliches Versäumnis wirkt, ist in Wirklichkeit nur Ausdruck einer besonders peniblen Planung. Die Deutschen sind natürlich bestens auf alle Eventualitäten vorbereitet – und von denen wird es einige geben. Löw hält die WM in Brasilien für das „logistisch Anspruchsvollste, was wir in den vergangenen zehn Jahren erlebt haben. Da war selbst Südafrika einfacher zu planen.“ Allein Nationalmannschaftsmanager Oliver Bierhoff war zur Erkundung der Gegebenheiten drei Mal in Brasilien. Und statt einem WM-Quartier haben die Deutschen jetzt sogar drei, strategisch über das riesige Land verteilt. Für welches sie sich am Ende entscheiden, hängt davon ab, welcher Vorrundengruppe die Nationalmannschaft zugelost wird.

Die möglichen Quartiere liegen in Salvador da Bahia, Porto Seguro und Itu im Großraum Sao Paulo. Frei wählen nach halbwegs objektiven Kriterien kann der Bundestrainer trotzdem nicht. Die Auslosung wird eine Art Automatismus nach sich ziehen: Für jede Gruppe ist das Quartier bereits ausgeguckt, in das die Nationalmannschaft im Juni ziehen wird. „Wir haben bis zum 18. Dezember Zeit“, sagt Löw, der nach der Auslosung mit seinem Stab noch ein paar Tage in Brasilien bleiben wird, um die entsprechende Location noch einmal abschließend zu begutachten.

Von der Gruppenauslosung hängen auch die Details der unmittelbaren WM- Vorbereitung ab: Wann beziehen die Deutschen ihr erstes Trainingslager in Südtirol? Welche Gegner kommen für die letzten beiden Testspiele infrage? Wann genau reist die Nationalmannschaft nach Südamerika ab? Und wo wird sie ihr letztes Trainingslager beziehen, um sich auf dem fremden Kontinent zu akklimatisieren? Als Favorit gilt im Moment Uruguay.

Der Bundestrainer hat in den vergangenen Wochen mit einer Mischung aus Bewunderung und Besorgnis über Brasilien gesprochen. Einerseits freut er sich unbändig auf das Land, in dem der Fußball lebt und gelebt wird wie vielleicht nirgends sonst. „Das ist das Fußballland schlechthin“, sagt er. Andererseits fürchtet Löw die besonderen Umstände. Er hat zuletzt von Urkräften gesprochen, die in Brasilien wirkten. „Die Spieler müssen sich bewusst sein, dass es Unwägbarkeiten gibt, die es anzunehmen gilt, ohne dass man damit Energie vergeudet“, hat Löw in einem Interview mit der Deutschen Presse-Agentur gesagt. „Man muss mit den Gegebenheiten hier leben.“

Der Bundestrainer macht sich auf ungeahnte Herausforderungen gefasst: „Lange Reisen, Zeitunterschiede, verschiedene klimatische Verhältnisse.“ Die Dimensionen des Landes sind größer als alles, was Löw bisher erlebt hat. Vom südlichsten Austragungsort (Porto Alegre) zu den nördlichsten (Manaus, Fortaleza) sind es je gut 4000 Kilometer. Vermutlich werden die Deutschen schon zwei Tage vor einem Spiel an den Spielort reisen und erst am Morgen danach wieder zurückfliegen. So praktisch wie zuletzt beim Länderspiel in London geht es jedenfalls nicht. Da sind die Nationalspieler mit der U-Bahn zum Abschlusstraining ins Wembley-Stadion gefahren.

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