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Lehmann

© AFP

Nationalmannschaft: Wenig Bewegung im Tor

Im deutschen Kader gibt es schon feste Größen - aber auch einige Unbekannte.

Joachim Löw hat am Anfang seiner Amtszeit als Bundestrainer ganz erstaunt festgestellt, dass er nun eine wesentlich öffentlichere Person sei, als er es zuvor in seiner Eigenschaft als Assistenztrainer der deutschen Nationalmannschaft war. In der Tat glaubt man, den Bundestrainer längst in allen Facetten zu kennen, netter Jogi und so. Aber es gibt noch eine ungekannte Seite. Löw hat seinen Nationalspielern gerade „eine ganz harte Abrechnung“ angekündigt, und zwar für den Tag der Nominierung seines EM-Kaders. Das liegt in der Natur der Sache. 38 Spieler hat Löw in seiner Amtszeit eingesetzt, nur 23 können bei der Europameisterschaft dabei sein. Wir erklären an dieser Stelle, wer sich Hoffnungen machen darf.

TOR

Der Bundestrainer verspürt offenbar nicht die geringste Lust, von seiner Planung abzurücken. Die Hierarchie unter den Torhütern gilt unverändert: Jens Lehmann ist die Nummer eins, dahinter kommen Timo Hildebrand und Robert Enke. Nur wenn Lehmann im letzten Testspiel vor der Nominierung des EM-Kaders, am 26. März gegen die Schweiz, erneut patzt, könnte in diese Angelegenheit noch Bewegung kommen. Nachrücker wären der Leverkusener René Adler, der mit konstant starken Leistungen überzeugt, oder auch Schalkes Manuel Neuer, der in Porto seine Wiederauferstehung feierte. Alle anderen Namen, die derzeit ins Spiel gebracht werden, sind nicht ernst zu nehmen.

ABWEHR

Erfreuliche Nachrichten für Joachim Löw: Christoph Metzelder, der im vergangenen Monat am linken Fuß operiert werden musste, macht in der Reha viele Fortschritte. Es gibt also die berechtigte Hoffnung, dass der Bundestrainer auch bei der EM auf seine bewährte Innenverteidigung mit Metzelder und Per Mertesacker setzen kann. Erster Ersatzmann ist der Berliner Arne Friedrich. Für die vierte Planstelle gibt es mehrere Bewerber. Die besten Chancen hat wohl Manuel Friedrich, obwohl der in der Nationalmannschaft selten überzeugte. Alexander Madlung hat zuletzt in Wolfsburg durchaus ansprechend gespielt, steht aber nicht mehr im Fokus des Bundestrainers. Genausowenig wie Robert Huth, der unter Löw noch gar nicht zum Einsatz gekommen ist. Als Verteidiger mit Perspektive böte sich – trotz mäßiger Saison in Stuttgart – eher Serdar Tasci an. Heiko Westermann hat mit seinem schwachen Länderspieldebüt gegen Österreich nicht unbedingt Werbung in eigener Sache betrieben; für ihn spricht aber, dass er in der Viererkette alle vier Positionen besetzen kann. Diese Vielseitigkeit zeichnet auch Philipp Lahm aus, der von Bundestrainer Löw als rechter Verteidiger vorgesehen ist. Seinen früheren Platz auf der linken Seite nimmt wohl Marcell Jansen ein, der in der Defensive stärker ist als Christian Pander. Gute Aussichten auf einen Platz im Kader besitzt auch Gonzalo Castro, der sowohl spielerisch als auch taktisch für sein Alter schon ziemlich reif ist.

MITTELFELD

Nachdem Michael Ballack die Folgen seiner Verletzung erfolgreich überwunden hat, ist nun Torsten Frings der größte Problemfall des Bundestrainers: Wird der Bremer nach seiner Knieverletzung noch rechtzeitig fit? Wenn ja, sieht das Stammmittelfeld bei der EM genauso aus wie das Stammmittelfeld bei der WM vor zwei Jahren: mit Ballack und Frings in der Zentrale sowie Bernd Schneider und Bastian Schweinsteiger auf den Außenpositionen. Wenn nicht, könnte Sebastian Kehl noch einmal ein Thema für Löw werden. Der Dortmunder hat allerdings seit der WM kein Länderspiel mehr bestritten, und mit Jermaine Jones besitzt der Bundestrainer inzwischen eine wesentlich jüngere Alternative fürs defensive Mittelfeld. Die gravierendste Veränderung könnte Tim Borowski betreffen. Der Bremer, vor zwei Jahren noch offizielles Ballack-Double, muss wohl ernsthaft um seinen Platz im EM-Kader fürchten. Aktuell befindet sich Simon Rolfes in der deutlich besseren Position. Der Leverkusener ist derzeit der wohl stärkste deutsche Spieler in der Bundesliga. Clemens Fritz und Thomas Hitzlsperger müssen sich um ihre EM-Teilnahme keine Sorgen machen. Dafür kämpfen um den achten und letzten freien Mittelfeldplatz gleich vier Kandidaten. Die besten Chancen hat im Moment Piotr Trochowski, der seine Leistungen beim HSV zuletzt stabilisiert hat – anders als Roberto Hilbert beim wankelmütigen Meister Stuttgart. Gerald Asamoah ist wohl nur noch Zählkandidat, und sollte es David Odonkor wieder in den Kader schaffen, wäre das eine genauso große Überraschung wie bei der Weltmeisterschaft.

STURM

Im Angriff gibt es eigentlich nur noch zwei offene Fragen: Wer darf neben Miroslav Klose von Anfang an stürmen? Mario Gomez, der den Meister Stuttgart gerade fast alleine vor dem Totalabsturz bewahrt, Kevin Kuranyi, der im Moment ein wenig unter Schalkes Krise leidet, oder Lukas Podolski, an dem Löw auch unter den widrigsten Umständen festhalten wird? Die zweite Frage lautet: Wer bekommt den letzten freien Platz im Sturm und darf als eine Art EM-Tourist mit an den Lago Maggiore reisen? Mike Hanke und Stefan Kießling haben den Nachteil, dass sie in ihrer Spielweise zu sehr Klose, Gomez und Kuranyi ähneln. Gegen Oliver Neuville und Patrick Helmes spricht, dass sie nur Zweitligastürmer sind. Jan Schlaudraff spielt keine Rolle mehr. Der muss wohl erst den Verein wechseln, um wieder Nationalspieler zu werden.

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