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Sport: Neid auf die Genossen

Die Eisbären hoffen auf Verstärkung, weil Klubeigner Anschutz der Genfer Filiale einen NHL-Star gestattet

Berlin - Mit den Gedanken war gestern so mancher beim EHC Eisbären in der Schweiz. Denn aus der Nationalliga A, der dortigen ersten Eishockey-Liga, drang Kunde, die in Berlin irritierte. So ließ etwa der SC Bern verlauten, dass er sich die Dienste von Dany Heatley gesichert habe. Zwar nur für fünf Spiele, aber immerhin. Ausgerechnet Heatley, der kanadische Star aus der sich momentan in einer Spielpause befindenden National Hockey League (NHL): Den hätten sie auch gern in Berlin gehabt und im Buhlen um seine Gunst wähnten sie sich auf gutem Wege bei den Eisbären. Schließlich kommt die Mutter des in Freiburg geborenen Stürmers aus Berlin, wo auch noch seine Großmutter wohnt.

Alle Familienbande waren offensichtlich nicht stark genug, um Heatleys Wahl des neuen Arbeitsplatzes zu beeinflussen. Familie ist das Stichwort, denn da gab es gestern noch eine andere Personalie in der Schweiz, die bei den Eisbären mit Interesse verfolgt wurde: Der Kanadier Derek Armstrong hat bei Servette Genf einen Vertrag unterschrieben – bei einem Klub, der wie die Eisbären zum Imperium der Anschutz-Gruppe gehört. Da hieß es nun seit Wochen, Anschutz-Klubs in Europa bekommen keine Spieler aus der NHL. Eben weil Philip Anschutz dort als Eigner der Los Angeles Kings zu den 30 Klubbesitzern zählt, die ihre Spieler wegen des Streits um die Einführung einer Gehaltsobergrenze ausgeschlossen haben.

Erstaunlicherweise verdient Armstrong in der NHL sein Geld auch bei Anschutz: Er spielt dort bei den Los Angeles Kings. Eisbären-Manager Peter John Lee zeigte sich von den Vorgängen in Genf überrascht, hielt sich aber in seinen Aussagen zurück: „Ich muss erst mal sehen, unter welchen Konditionen Armstrong in Genf unterschrieben hat.“ Was Genf darf, sollte Berlin doch nun auch dürfen. „In der Schweiz ist die Situation eine andere, da spielen weniger Ausländer als bei uns. Genf hatte Probleme mitzuhalten, weil alle anderen Klubs schon NHL-Spieler verpflichtet hatten“, sagte Lee. Das allein erklärt aber noch nicht die Situation in Berlin oder auch in Hamburg, wo die Eisbären heute antreten müssen. Die Freezers sind der zweite Anschutz-Klub in der Deutschen Eishockey-Liga (DEL), auch sie hatten vergeblich versucht, einen aktuellen NHL-Spieler zu bekommen. Als sie nicht durften, verpflichteten sie Jim Dowd, einen 36-jährigen US-Amerikaner, dessen Vertrag in der NHL ausgelaufen war.

Anscheinend ist nun ein Sinneswandel bei Anschutz eingetreten. Eine Schweizer Nachrichtenagentur meldete, dass „der Finanzier Genf zunächst das Engagement eines NHL-Cracks untersagt hat, jetzt aber sein Okay gab“. Eisbären-Trainer Pierre Pagé kann Anschutz verstehen, sagt er. „Wenn seine Spieler aus Los Angeles seinen Klubs aus Europa helfen, dann ist das doch völlig legitim.“ Merkwürdig bleibt es aber: Schließlich hat Anschutz Armstrong von seinem Klub in Los Angeles ausgesperrt und beschäftigt ihn nun bei seiner Filiale in Genf.

Bei den Spielern der Eisbären wird die neue Diskussion über Stars aus der NHL übrigens eher als leidig empfunden. „Nun hat der Heatley in Bern unterschrieben, was soll’s“, sagt Kapitän Steve Walker. „Ein Star aus der NHL würde die ganze Aufmerksamkeit auf sich ziehen und so vielleicht nur alles durcheinander bringen, die Chemie im Team stören.“ Außerdem, sagt Manager Lee, sei die DEL eben auch eine stärkere Liga als die Schweizer Liga. „Nur weil Iserlohn mit Mike York einen NHL-Spieler im Team hat, mischen die ja nun auch nicht gerade die ganze DEL auf.“

Also geht es bei den Eisbären zunächst einmal ohne Spieler aus der NHL weiter, zumindest heute, beim Auswärtsspiel in Hamburg. Nach der neuen Entwicklung hält Trainer Pagé es aber dennoch nicht mehr für ausgeschlossen, dass der Klubbesitzer aus Denver einen seiner Spieler aus Los Angeles auch nach Berlin schickt.

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