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Sport: Neubarth auf Griechisch

Angelos Charisteas ist Rehhagels Wunschstürmer

Lissabon - Man muss sich Angelos Charisteas an diesem Sonntag, um kurz vor acht portugiesischer Zeit, wohl als ziemlich zufriedenen Menschen vorstellen. Mit Werder Bremen ist er in dieser Saison Deutscher Meister geworden, DFB-Pokalsieger dazu, und jetzt steht der griechische Nationalstürmer am letzten Tag der Fußball-EM im Estadio da Luz auf dem Rasen und hört die griechische Nationalhymne. Um kurz vor neun ist Charisteas vielleicht sogar der glücklichste Mensch der Welt. Angelos Basinas schlägt einen Eckball in den portugiesischen Strafraum, Charisteas setzt sich am Fünfmeterraum durch – und er köpft den Ball zum entscheidenden 1:0 für Griechenland ins Tor.

Charisteas ist in diesen Tagen einmal zu den Unterschieden zwischen den Erfolgen mit Werder und der Nationalmannschaft befragt worden. „Hier repräsentiere ich mein Volk und mein Land“, hat er gesagt, „darum ist die Freude hier größer.“ In Bremen war Charisteas nur Stürmer Nummer vier hinter Ailton, Klasnic und Valdez. In der Nationalmannschaft aber ist er eine große Nummer: Als einer von acht Spielern der Griechen hat er in allen sechs Begegnungen der EM, vom Eröffnungs- bis zum Endspiel, auf dem Feld gestanden. Und er ist mit drei Treffern der beste Torschütze seiner Mannschaft.

Charisteas wäre der Stürmer, den sich der griechische Nationaltrainer Otto Rehhagel genau so zusammenbasteln würde, wenn er das könnte. Früher, in Bremen, hatte Rehhagel Wynton Rufer und Frank Neubarth; jetzt hat er Angelos Charisteas. Der ist groß und kopfballstark, schnell, ballsicher und torgefährlich, und – was im System Rehhagel ganz entscheidend ist – er kommt seiner defensiven Pflicht mit großem Eifer nach.

Das ist auch in seinem 33. Länderspiel so. Wenn die Portugiesen im Ballbesitz sind, wird aus Charisteas, dem Stürmer, Charisteas, der Außenverteidiger. Seinen Gegenspieler Nuno Valente nimmt er dann in Manndeckung. Dafür dauert es eine Viertelstunde, bis Charisteas zum ersten Mal im portugiesischen Strafraum an den Ball kommt und die Griechen ihre erste Chance haben. Portugals Torhüter Ricardo kann mit dem Fuß klären.

Ob Griechenland Europameister werden könne, wurde Charisteas nach der Vorrunde gefragt. „Warum nicht?“, hat er geantwortet. Geglaubt hat ihm das niemand. „Alles ist möglich.“ Der Bremer erlebt in diesen Wochen, welch ungeahnte Möglichkeiten ihm sein Beruf eröffnet. Charisteas ist erst 24, doch schon jetzt sollen ihm Angebote vom FC Porto und Athletico Madrid vorliegen. Bei Werder wird er sich mit der Rolle als Ersatzmann wohl nicht mehr zufrieden geben. Schlechter als Miroslav Klose, sein neuer Konkurrent in Bremen, ist Charisteas im Moment ganz bestimmt nicht. Und glücklicher ist er auf jeden Fall.

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