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Sport: "Nicht fußballkollegial"

Eigentlich verstehen sich die Herren ganz gut. Beide wissen, wie man den Fußball verkauft, ohne seine Tradition zu verraten.

Von Markus Hesselmann

Eigentlich verstehen sich die Herren ganz gut. Beide wissen, wie man den Fußball verkauft, ohne seine Tradition zu verraten. Beide sind keine blassen Funktionäre, sondern Typen, die selbst als Fußballer erfolgreich waren. Doch gestern ließ Uli Hoeneß seinen Schalker Kollegen Rudi Assauer einfach stehen. Mit einer wegwerfenden Geste entfernte sich der Manager des FC Bayern München nach einem kurzen, hitzigen Gespräch. "Er hat das mit der Roten Karte halt anders gesehen als wir", sagte Assauer, der als Sieger dieses Pokal-Halbfinales seine Ruhe und seine Worte schnell wieder gefunden hatte. Hoeneß war nach der 0:2-Niederlage nach Verlängerung so wütend, dass er lieber gar nichts mehr sagte.

Er hätte auch kaum Argumente gehabt, um seinen Verteidiger Samuel Kuffour zu verteidigen. Selbst dessen Mannschaftskameraden gaben nach der abkühlenden Dusche zu, dass Kuffours mit Rot geahndete Grätsche gegen Jörg Böhme dumm und unfair war. In der ihm eigenen Art nannte Bayerns Trainer Ottmar Hitzfeld das Foul "taktisch unklug". In einer solchen Situation - an der Mittellinie, in der 90. Minute, "muss man nicht grätschen". Und mit dem Kopf stoßen muss man sicherlich auch nicht. Und dass man dann sein Trikot auf den Boden wirft und darauf herumtrampelt, sieht die Sportetikette auch nicht vor. Kuffour hat all das an diesem Abend vorgeführt.

"Sammy ist fertig", sagte Thorsten Fink. "Nach solchen Situationen ist er nicht ansprechbar. Wir müssen ihn in Ruhe lassen." Solche Situationen hat Kuffour schon öfter erlebt. Es war der siebte Platzverweis in der Karriere des 25-Jährigen. "Kuffour ist emotional, aber nicht bösartig", sagte Hoeneß gestern, nachdem er den Fall überschlafen hatte. Vom Verein werde es keine Strafe geben. "Kuffour muss aber einsehen, dass er der Mannschaft geschadet hat."

Am Abend zuvor war noch Schalkes Andreas Möller der Buhmann gewesen. Ihm wurde vorgeworfen, die Rote Karte durch Worte und Gesten provoziert zu haben. Da stürmte selbst Bayerns Torhüter Oliver Kahn aus seinem Kasten und legte sich mit Möller an. "Dem Oliver ist wohl der Erfolg zu Kopf gestiegen, der ja ist völlig realitätsfremd", schimpfte Möller. "Ich habe den Schiedsrichter darauf hingewiesen, dass das ein Foul von Kuffour war. Mehr nicht." Möller will sich nun anschauen, was nun wieder alles gegen ihn vorgebracht werde - und gegebenenfalls reagieren. Karl-Heinz Rummenigge ließ die kryptische Drohung kalt. "Der Schiedsrichter hat sich von Möller provozieren lassen", sagte Bayerns angehender Vorstandschef. Möller sei "nicht fußballkollegial". Als er sich einmal warm geredet hatte, geißelte Rummenigge gleich noch die Deutsche Fußball-Liga (DFL) und ihre Statuten: "Es ist idiotisch, dass die Rote Karte aus dem Pokal in der Bundesliga zählt. Wir werden bestraft, weil wir im Pokal so weit gekommen sind." Rummenigge macht sich Sorgen wegen des Münchner Derbys am Samstag. "Uns gehen die Spieler aus." Vor allem die Verteidiger. Neben Kuffour fehlen gegen 1860 auch Robert Kovac und Bixente Lizarazu wegen Sperren.

Mit Sorgen in der Defensive steht Bayern nicht allein. Doch Schalke hat flexible Holländer und Belgier. Der Pole Tomasz Waldoch, der binnen Tagen wundersam von einem Bänderanriss genesen ist ("keine Spritze, keine Tablette, ein Halbfinale gegen Bayern reicht mir als Medizin"), war der einzige echte Abwehrspieler in der Viererkette. Doch Oude Kamphuis, van Kerckhoven und van Hoogdalem spielten stark. Van Hoogdalem schwang sich obendrein zum spielentscheidenden Mann auf. Seinem Schuss in den Torwinkel in der 100. Minute hatten zehn Bayern nichts mehr entgegenzusetzen. 15 Minuten später traf Böhme zum 2:0.

Jetzt freut sich Schalke auf das zweite Pokalfinale hintereinander. Auch wenn Rudi Assauer der große Gegner, der da wartet, offenbar nicht ganz geheuer ist. "Ich hätte lieber gegen Sportfreunde Stuckenbusch gespielt." Das ist ein Verein aus Assauers westfälischer Heimat. Bayer Leverkusen kommt aus dem ungeliebten Rheinland. Und mit dessen Manager Reiner Calmund kann man auch wunderbar streiten.

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