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Sport: Nicht mit allen Mitteln

Der Staat wird Dopingbesitz auch künftig nicht bestrafen, weil der Sport es so will

Berlin - Die schärfste Waffe, die der Staat im Kampf gegen Doping benutzen könnte, wird nicht zum Einsatz kommen. Jahrelang haben Sportfunktionäre und Politiker darüber gestritten, ob der Besitz von Dopingmitteln strafrechtlich verfolgt werden soll. Nun hat das Präsidium des Deutschen Olympischen Sportbundes (DOSB) Bundesinnenminister Wolfgang Schäuble (CDU) noch einmal seine Meinung kundgetan. Sie lautet: Der Sport will nicht, dass der Staat Athleten verfolgt und verurteilt, der Besitz von Dopingmitteln muss daher straffrei bleiben. Schäuble könnte sich zwar vorstellen, den Besitz zu bestrafen, gegen den Sport möchte er diese vage Überzeugung allerdings nicht durchsetzen. Damit ist eine der größten sportpolitischen Debatten der vergangenen Jahre in Deutschland so gut wie beendet.

Es ist eine komische Randerscheinung, dass gerade in der nächsten Woche mehrere juristische und politische Konferenzen zur Dopingbekämpfung stattfinden, obwohl die wichtigste Frage schon entschieden ist. Was noch kommt, werden allenfalls ein paar formale Gespräche sein, um einige Verantwortungsträger an der Entscheidung zu beteiligen. So ist etwa ein Treffen zwischen dem Bundesinnenminister und den sportpolitischen Sprechern der Koalitionsfraktionen geplant, der kleinere Koalitionspartner SPD hatte schließlich ein hartes Durchgreifen des Staates befürwortet. Außerdem empfängt Schäuble am 29. November Clemens Prokop, den Präsidenten des Deutschen Leichtathletik-Verbandes.

Das ist deshalb ein interessantes Treffen, weil Prokop in den vergangenen Wochen als einer der engagiertesten Vertreter der Auffassung war, schon den Besitz von Dopingsubstanzen durch den Staat verfolgen zu lassen und unbedingt auch den Athleten zu bestrafen. „In jedem anderen gesellschaftlichen Bereich werden Betrüger durch den Staat bestraft, warum denn nicht im Sport?“, fragt Prokop. Dass das DOSB-Präsidium anderer Auffassung ist, empört ihn sehr: „Man kann nicht auf der einen Seite von Null-Toleranz gegenüber Doping reden und dann auf der anderen Seite auf die maximal mögliche Maßnahme verzichten.“ Prokop hatte dem DOSB-Präsidenten Thomas Bach sogar schon abgesprochen, für den deutschen Sport als Ganzes zu sprechen. Nun behält sich Prokop vor, bei der Mitgliederversammlung des DOSB am 9. Dezember in Weimar das Thema Dopingbekämpfung und insbesondere die Besitzstrafbarkeit noch einmal auf die Tagesordnung zu setzen.

Das DOSB-Präsidium hat sich jedoch festgelegt und seine Meinung in einem 10-Punkte-Aktionsplan geäußert. Er sieht unter anderem vor, der Nationalen Anti-Doping-Agentur 520 000 Euro mehr als bisher zur Verfügung zu stellen und außerdem sich dafür einzusetzen, die Sperre bei Erstvergehen in schweren Fällen von zwei auf vier Jahre zu erhöhen. Die Ablehnung der Besitzstrafbarkeit hatte dem DOSB jetzt auch eine vom Präsidium eingesetzte Arbeitsgruppe empfohlen. Als Begründung führten die Experten verfassungsrechtliche Bedenken an. Es sei zweifelhaft, ob das Strafrecht als letztes Mittel überhaupt bei Doping zulässig sei. Vergleichbare Gesetze im Ausland hätten außerdem nicht zu einer vermehrten Aufdeckung von Betrug durch Doping geführt. Weiterhin begründete die Arbeitsgruppe ihre ablehnende Haltung mit einer schon bestehenden Überlastung der Ermittlungsbehörden, und die Sportler könnten ohnehin nur bestraft werden, wenn bei ihnen größere Mengen gefunden würden.

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