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Einer gegen alle. Füllkrug erzielte beim Sieg gegen Peru sämtliche Tore der Deutschen.

© dpa/Christian Charisius

Niclas Füllkrug wird immer wichtiger: Eine der ungewöhnlichsten Karrieren der vergangenen Jahre

Beim 2:0 gegen Peru erzielt Füllkrug beide Tore für die deutsche Fußball-Nationalmannschaft. Er profitiert dabei auch von der Systemumstellung von Bundestrainer Hansi Flick.

Die Instinkte des Torjägers funktionierten, zumindest sah es auf den ersten Blick so aus. Niclas Füllkrug tat, was ein Stürmer tun muss: Wenn man in einem Spiel zwei Tore geschossen hat, sollte man alles daran setzen, auch noch ein drittes zu erzielen.

Also schnappte sich Füllkrug den Ball, nachdem die Schiedsrichterin Maria Sole Caputi auf dem Monitor am Spielfeldrand ein Foul an Nico Schlotterbeck erkannt und folglich doch noch auf Elfmeter für die deutsche Fußball-Nationalmannschaft entschieden hatte. Füllkrug, Schütze der beiden einzigen Treffer gegen Peru an diesem Abend in Mainz, würde sich die Chance auf seinen ersten Hattrick im Nationaltrikot nicht entgehen lassen. Dachte man.

Man dachte falsch. Füllkrug betätigte sich lediglich als Bringdienst, überreichte Kai Havertz den Ball, der in der Besprechung am Nachmittag zum Elfmeterschützen bestimmt worden war – und den Ball schließlich an den Pfosten setzte. So blieb es bis zum Schluss beim 2:0 für die Deutschen.

Auf den ersten Blick ist Niclas Füllkrug trotz seines fortgeschrittenen Alters von 30 Jahren in der Nationalmannschaft eben immer noch ein ziemlicher Frischling, der es aus gutem Grund nicht wagt, gegen die Autoritäten aufzubegehren. Auf gerade fünf Länderspiele kommt er bisher; gegen Peru stand er sogar erstmals überhaupt in der Startelf.

Er ist für Tore da. Die hat er gemacht.

Bundestrainer Hansi Flick über Niclas Füllkrug

Andererseits hat Füllkrug nun bereits fünf Tore für das deutsche Team erzielt. Nicht von ungefähr musste Bundestrainer Hansi Flick sich nach dem Sieg gegen die Peruaner fragen lassen, ob der Mittelstürmer nun endgültig bei ihm gesetzt sei. „Niclas ist ein Spieler, der schon besonders ist“, sagte Flick. Weil er sehr selbstbewusst sei und der Mannschaft sehr viel positive Energie gebe. „Er ist für Tore da. Die hat er gemacht.“

Niklas Füllkrug vom SV Werder Bremen besetzt eine Rolle, die in der Nationalmannschaft lange vakant war: die des klassischen Neuners, der sich im Strafraum mit Lust und Laune ins Getümmel stürzt. „Er steht genau dort, wo er zu stehen hat. Wie ein Torjäger“, sagte Flick.

Fünf Länderspiele, fünf Tore. Für Niclas Füllkrug läuft es in der Nationalmannschaft.

© dpa/Christian Charisius

Füllkrugs Nationalmannschaftskarriere ist ohne Frage eine der ungewöhnlicheren der jüngeren Vergangenheit. Vor anderthalb Jahren spielte er noch mit Werder in der Zweiten Liga. Beziehungsweise spielte nicht, da er seinen Stammplatz verloren hatte. Inzwischen aber besitzt Füllkrug ein Standing, dass man fast auf die Idee kommen könnte, der Bundestrainer habe sein System nur deshalb modifiziert und die Mannschaft neu tariert, um das gesamte Spiel stärker auf den Mann in der Spitze zuzuschneiden.

„Ich bekomme hier immer meine Situationen im Strafraum“, sagte der Mittelstürmer, „werde gut in Szene gesetzt.“ Genau wie in Bremen, wo er mit seinem kongenialen Partner Marvin Duksch eine Doppelspitze bildet, bekam er von Flick nun auch in der Nationalmannschaft mit Timo Werner einen zweiten Stürmer an die Seite gestellt. „Das hat uns heute gutgetan“, sagte Joshua Kimmich, der Kapitän des Teams.

Der Plan des Bundestrainers ging auf

Hinter den beiden Angreifern stellte Flick mit den beiden Hochbegabten Florian Wirtz und Kai Havertz zudem zwei gelernte Zehner auf. Die Ballung im Zentrum war durchaus gewollt. Denn dadurch würden die beiden Außenverteidiger – David Raum links und Debütant Marius Wolf rechts – auf den Außenbahnen genau den freien Raum bekommen, den sie exzessiv zu Vorstößen in die Offensive nutzen sollten. Das taten sie. „Es ist immer schön, wenn man Dinge trainiert, die im Spiel dann auch funktionieren“, sagte Flick.

Geradezu prototypisch gelang das, wie Füllkrug erläuterte, vor dem 2:0, mit Nico Schlotterbeck (Schlotti), Havertz (Kai), Wolf (Marius) und Füllkrug in den entscheidenden Rollen. „Der gesamte Spielzug zeigt, was wir einstudiert haben“, sagte der Torschütze. „Ich habe versucht, den Innenverteidiger zu binden, so dass Kai im Zehnerraum komplett frei war. Schlotti spielt einen super Ball durch, Kai dreht sofort auf. Marius spielt den Ball perfekt vorne rein, und ich habe das perfekte Timing, direkt an der Abseitslinie. Schönes Tor, finde ich, von der ganzen Mannschaft.“

In der ersten Halbzeit gelangen einige solcher Angriffe. „Das hat schon gut geklappt“, sagte Füllkrug. „Es hat auf jeden Fall Spaß gemacht, in diesem System zu spielen.“ Das lag vor allem an ihm – und weniger an seinem Nebenmann Werner, auch wenn sowohl der Bundestrainer als auch Füllkrug selbst den Leipziger nach dem Spiel ungefragt gegen die im Raum stehende Kritik verteidigten.

„Er ist jemand, der sehr, sehr viele Wege macht und Räume schafft“, sagte Flick über Werner; dadurch sei er „sehr wertvoll für die Mannschaft“. Füllkrug hob die vielen guten gegenläufige Bewegungen hervor: „Timo ist jemand, der die Tiefe extrem bedroht. Das kommt mir und meinem Spiel zugute.“

Doch während sich Füllkrug mit Ducksch in Bremen fast blind versteht, gibt es im Zusammenspiel mit Werner noch eine Menge zu justieren. Da sie in Mainz allerdings erstmals zusammen auf dem Feld standen (bis Werner zur Pause ausgewechselt wurde), wäre alles andere auch mehr als verwunderlich.

„Beide – sowohl Timo als auch Niclas – fühlen sich wohl mit einem Spieler um sich herum“, sagte Hansi Flick. „Von daher war dieser Test sehr erkenntnisreich.“ Eine der Erkenntnise war, dass Niclas Füllkrug von dem neuen System mehr profitiert als Timo Werner.

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