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Sport: Nominierung vom Landgericht

Der stasibelastete Trainer Ingo Steuer erwirkt eine Verfügung, um zu Olympia nach Turin zu dürfen

Berlin - Das Nationale Olympische Komitee (NOK) schickt womöglich einen Trainer zu den Winterspielen nach Turin, den es lieber zu Hause gelassen hätte. Die Vergangenheit des Eiskunstlauftrainers Ingo Steuer als Inoffizieller Mitarbeiter der DDR-Staatssicherheit war der Grund für das Präsidium, Steuers Nominierung zurückzunehmen. Doch der Trainer wehrte sich – mit Erfolg. Vor dem Landgericht Berlin erwirkte der 39 Jahre alte Chemnitzer am Montag eine Einstweilige Verfügung. Das Gericht verpflichtete das Komitee, Steuer mit nach Turin zu nehmen.

Jetzt prüft das NOK, ob es gegen die Entscheidung des Gerichts Widerspruch einlegt. Viel Zeit bleibt ihm dazu nicht. An diesem Dienstag endet die Nominierungsfrist des Internationalen Olympischen Komitees (IOC) für Turin. Bei einem Widerspruch des NOK käme es zu einer mündlichen Verhandlung vor dem Landgericht.

Steuer, der 1997 mit Mandy Wötzel Weltmeister im Paarlauf wurde und 1998 Olympiadritter, sagte gestern auf Anfrage: „Wir haben alles getan, was juristisch möglich war. Ich hoffe, das NOK entscheidet diesmal im Sinne der Sportler.“ Damit meint der Trainer das von ihm betreute Eiskunstlauf-Paar Aljona Sawtschenko und Robin Szolkowy. Vor wenigen Wochen hatten sie gemeinsam bei den Europameisterschaften in Lyon den zweiten Platz belegt und sich nach diesem Erfolg eine Olympiamedaille in Turin zum Ziel gesetzt. Nach der Ausbootung ihres Trainers Steuer hatte sich Sawtschenko sogar überlegt, auf ihre Olympiateilnahme zu verzichten. Erst Mitte Januar hatte die gebürtige Ukrainerin einen deutschen Pass und damit die Starterlaubnis für die Deutsche Eislauf-Union erhalten.

Inzwischen haben Szolkowy und Sawtschenko jedoch entschieden, notfalls auch ohne Steuer nach Turin zu fahren. „Wir haben einen sportlichen Auftrag und wollen mit unserer Leistung ein Zeichen setzen“, sagte Szolkowy. Betreut würden sie in Turin durch den Berliner Knut Schubert. „Wenn meine Hilfe benötigt wird, dann mache ich das“, bestätigte der Coach von Rebecca Handke und Daniel Wende (Möhnesee/Essen), die als Europameisterschafts-Achte knapp die Olympia-Qualifikation verpasst haben, der Deutschen Presseagentur.

Steuer ist einer von drei Betreuern, denen nach einer Überprüfung auf eine Mitarbeit für das Ministerium für Staatssicherheit der DDR die Nominierung entzogen wurde. Während Skisprung-Assistenztrainer Henry Glaß und Biathlon-Betreuer Hans Hartleb auf weitere Schritte verzichteten, setzte sich Steuer zur Wehr. Für Glaß und Hartleb hat Steuers Erfolg vor Gericht allerdings keine Auswirkungen.

Zu den inhaltlichen Vorwürfen hat Steuer bislang nur dies gesagt: „Ich habe niemandem geschadet. Ich habe Berichte abgegeben, die für mich völlig belanglos waren.“ Reinhard Mirmseker, der Präsident der Deutschen Eislauf-Union (DEU), sagte dagegen: „Seine Akten sind belastend, Interna kenne ich nicht.“ Der Präsident des Deutschen Sportbundes, Manfred von Richthofen, verteidigte die Prüfung mit den Worten: „Es wurde mit bemerkenswerterer Gründlichkeit geprüft.“

Auskunft über die inhaltlichen Vorwürfe hat Steuer bislang weder vom NOK noch von der DEU erhalten. Eine Auseinandersetzung über seine Vergangenheit möchte er ohnehin erst nach der Saison führen. „Alles andere würde die Vorbereitung auf die Olympischen Spiele stören.“

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