zum Hauptinhalt
Hochhalten fürs Vaterland. Nordkoreas Fußballerinnen bereiten sich in Dresden auf die brisante Begegnung mit den Amerikanerinnen vor.

© dapd

Nordkorea bei der Fußball-WM: "Unter Umständen drohen Strafen"

Nordkorea trifft heute auf die USA. Der südkoreanische Journalist Ha Tae-keung erklärt, was die Spielerinnen im Falle eines Sieges oder einer Niederlage erwartet.

Herr Ha, welche Rolle spielt Fußball in Nordkorea?

In Nord- und Südkorea ist Fußball der populärste Sport. Der Führer Kim Jong Il investiert mehr in den Fußball als in anderen Sport. Und wenn der Führer an etwas interessiert ist, sollte man besser sein als die anderen.

Gibt es auch politische Gründe für das Interesse am Fußball?

Ich denke ja. 1966 war Nordkorea sehr gut bei der WM in England. Das Land denkt immer noch positiv daran zurück. Aber alles, nicht nur Fußball, wird in Nordkorea für die eigene Propaganda benutzt. Zum Beispiel das Thema Atomwaffen oder Marschflugkörper. Da heißt es dann: Wir können gegen die USA kämpfen, wir können sie schlagen. Beim Fußball ist das auch so. Auch da sollte man die USA besser schlagen. Und natürlich Südkorea.

Beide Länder gelten in Nordkorea als Erzfeinde. Was passiert, wenn Nordkoreas Frauen am Dienstag gegen die USA verlieren?

Es dürften keine ernsthaften Strafen folgen. Zwar gibt es diese Geschichte, die nordkoreanische Flüchtlinge über die Spieler von der WM 1966 erzählen. Sie sollen vor ihrem Spiel gegen Portugal getrunken haben ...

… weil sie vorher gegen Italien 1:0 gewonnen hatten. Das Viertelfinale gegen Portugal verloren sie dann nach einer 3:0-Führung noch mit 3:5 …

… sie wurden dafür kritisiert und mussten ins Gefängnis. Aber bei der WM 2010 in Südafrika zum Beispiel hat Nordkorea keine guten Ergebnisse erzielt, die Spieler haben trotzdem keine ernsthaften Strafen erhalten, es war kein Problem. Also normalerweise gibt es keine Strafen, wenn Nordkoreas Fußballer verlieren. Doch in besonderen Umständen schon.

Was sind diese besonderen Umstände?

In den Sechzigerjahren gab es eine Übergangsperiode in Nordkorea, einen Machtkampf im Volk, man brauchte Sündenböcke, und in diesem Fall können Fußballspieler Opfer im Machtspiel werden. Das könnte wieder passieren. Denn zurzeit gibt es ja die Übergangsperiode von Kim Jong Il zu seinem Sohn Kim Jong Un.

Also sollten die Nordkoreanerinnen besser gewinnen gegen die USA?

Wenn sie gewinnen, wird es viele Ehrungen geben. Sie werden Medaillen bekommen und eine Rente. Verglichen zu anderen Menschen werden sie sehr gut behandelt. Natürlich erhalten sie auch eine vergleichsweise bessere Ernährung.

Was würde passieren, wenn eine Nordkoreanerin in Deutschland flüchten würde?

Der Trainer könnte gefährdet sein, er könnte ins Gefängnis gehen. Andere Fußballerinnen könnten ebenfalls bestraft werden, in Nordkorea gibt es kollektive Strafen. Und ich denke, die Familie der Flüchtigen würde auch ins Gefängnis müssen oder ähnliche Härten erleben.

Also wird wohl in den nächsten Wochen keine Fußballerin flüchten?

Es ist nicht leicht. Korea ist sehr familienorientiert. Eine Spielerin würde das Leben anderer Menschen riskieren.

Das Gespräch führte Benedikt Voigt.

Zur Startseite

showPaywall:
false
isSubscriber:
false
isPaid:
showPaywallPiano:
false