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Sport: Nur das Ergebnis zählt

Trainer Scolari hat aus Portugal ein diszipliniertes Defensivteam gemacht

Es ist nicht leicht für einen Brasilianer, die Zuneigung der Portugiesen zu finden. Mit den Angolanern können sie gut in Lissabon, auch mit den Mosambikanern, aber Brasilien, die größte ihrer ehemaligen Kolonien, ist ihnen immer ein wenig suspekt geblieben. Vielleicht liegt es an eben der Größe und mehr noch an den Erfolgen, die das größte Land Lateinamerikas ausgerechnet im Fußball aufweist, dem Sport Nummer eins in Portugal. Auch Luiz Felipe Scolari hat um Akzeptanz kämpfen müssen, nachdem er vor vier Jahren das Amt des Nationaltrainers angetreten hatte. Dass er gerade mit Brasilien Weltmeister geworden war, machte die Sache nicht besser. Dann machte er sich auch noch für die Einbürgerung des Brasilianers Deco stark und beschwor einen Streit mit dem Nationalhelden Luis Figo herauf. Hätte Portugal bei der Europameisterschaft nicht das letzte Vorrundenspiel gegen Spanien gewonnen und damit noch den Sprung ins Viertelfinale geschafft – der Trainer Scolari wäre längst vergessen in Portugal.

Die Selecao aber kam noch bis ins Endspiel, und zwei Jahre später mag sich kein Portugiese mehr daran erinnern, dass es mal ein Fußballleben ohne Scolari gab. Luis Figo sagt: „Wenn er früher gekommen wäre, hätten wir schon früher große Erfolge gefeiert.“ Der Brasilianer Scolari feiert blumenreich wie kein zweiter den heldenhaften Kampf seiner Mannschaft auf dem Rasen, längst haben ihn die Fans in Lissabon und Porto zum Portugiesen ehrenhalber ernannt. Mit großer Verwunderung und noch größerem Stolz haben die Portugiesen zur Kenntnis genommen, dass Scolari ein Angebot des englischen Verbandes abgelehnt hat.

Ausgerechnet ein Brasilianer gibt der lange Zeit orientierungslos vor sich hin lebenden Fußballnation das Selbstbewusstsein, das es zuletzt bei der WM 1966 hatte, als nur Englands großartiger Stratege Bobby Charlton mit zwei Toren im Halbfinale den Traum vom Endspiel zerstörte. Heute soll er wahr werden, im Spiel gegen die Franzosen, mit denen die Portugiesen noch eine Rechnung offen haben: die tragische 1:2-Niederlage im EM-Halbfinale 2000, zustande gekommen durch einen Elfmeter drei Minuten vor Schluss der Verlängerung. Damals fühlte Portugal sich mal wieder betrogen von einer feindseligen Welt, die ein kleines Land nicht groß werden lassen wollte.

Damals hatten die Portugiesen aber auch noch keinen Scolari. „Alles, was er sagt und tut, bringt die Mannschaft weiter“, sagt Spielmacher Deco, für den Scolari sich bei seinem Amtsantritt so stark gemacht hatte. Deco ist Scolaris Schlüssel zum Erfolg. Er kann das Spiel je nach Bedarf schnell machen oder langsam, er kann aus dem Nichts heraus das überraschende Dribbling starten, den öffnenden Pass über 40 Meter geben, das entscheidende Tor schießen. Deco ist Scolari in kurzen Hosen. „Aber arbeiten muss ich wie alle anderen“, sagt der Spielmacher. Denn ohne harte Arbeit geht nichts bei Scolari. Schönheit ist weniger entscheidend. Vor zwei Jahren, Portugal hatte gerade das EM-Finale erreicht und wartete auf den Gegner, ist er gefragt worden, gegen wen er am liebsten spielen würde. Scolari hat geantwortet: „Am liebsten würde ich gegen gar keine Mannschaft spielen, dann wären wir kampflos Europameister.“

Das meint er ernst. Scolari ist zwar Brasilianer von Geburt, aber ausschweifender Angriffsfußball ist seine Sache nicht. Nur das Ergebnis zählt, zur Not tut es auch ein kampfloser Sieg. Auch den portugiesischen Romantikern hat er eine disziplinierte Defensivmannschaft gemacht. Nur weil das defensive System so gut funktioniert, können die Weltstars Figo, Deco oder Cristiano Ronaldo glänzen. Wenn der große Figo nach der WM nicht zurücktritt, sondern noch weitermacht bis zur EM 2008, dann dürfte das vor allem an Scolari denken. Denn der hat seinen Vertrag gerade um zwei Jahre verlängert.

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