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Sport: Nur mit Mut

Hertha hat Chancen auf die Champions League – aber auch ein schweres Restprogramm

Berlin. Ginge es nach Huub Stevens, brauchten die Reporter nur einmal im Jahr bei Hertha BSC vorbeizuschauen. „Mich interessiert nur, wo wir nach dem 34. Spieltag in der Tabelle stehen“, sagte Stevens nach dem 2:0-Sieg gegen Hannover. Es war der 30. Spieltag. Und Herthas Trainer sagte diesen Satz zum 30. Mal. Dieser Satz ist eigentlich nie falsch, aber eben auch wenig originell. Gewagter war da schon der Satz von Manager Dieter Hoeneß: „Wenn wir in Bremen gewinnen, sprechen wir offen von der Champions League.“

Der Tagesspiegel unternimmt den Versuch, das Für und Wider abzuwägen: Was spricht dafür, dass Hertha einen Platz in der Champions League erreicht? Und was dagegen?

Die Ausgangslage: Könnte für die Berliner kaum besser sein. Hertha spielt zwar keinen Gegner an die Wand, ist aber effektiv. Gegen den Aufsteiger aus Hannover war Hertha in vielen Bereichen schlechter. Hertha hatte weniger Ballbesitz, verlor mehr Zweikämpfe, schoss weniger aufs gegnerische Tor, lief häufiger ins Abseits, foulte öfter und hatte weniger Ecken. Am Ende gewann Hertha. 28 Punkte in der Rückrunde – das ist der Spitzenwert der Liga. Die Mannschaft blieb zum siebenten Male in der Rückrunde ohne Gegentor. Auch das ist ein Spitzenwert. Er zeigt, dass Hertha ein gut funktionierendes Defensivverhalten hat. Leider verfügt die Mannschaft nicht über eine adäquate offensive Durchschlagskraft. Es gibt kaum eine Mannschaft, die sich so viele Chancen erarbeitet wie Hertha, doch die Ausbeute ist mäßig. Zudem könnte sich rächen, dass Hertha in den vergangenen sechs Spielen ausschließlich gegen Mannschaften gespielt hat, die aus dem unteren Tabellendrittel kommen. Der letzte Sieg gegen ein Team aus dem oberen Drittel liegt fast drei Monate zurück (4:2 gegen Schalke).

Das Restprogramm: Bremen, Bayern, Wolfsburg und Kaiserslautern – vom Papier her ist das kommende Programm schwerer als das eben beendete Zwischenstück. In der Hinrunde verlor Hertha gegen Bremen, München und Kaiserslautern – bei einem 2:2 gegen Wolfsburg. Ein Sieg in Bremen wäre wichtig, vor allem, um nach unten die Konkurrenz im Kampf um den Uefa-Cup-Platz auf Distanz zu halten. Die Bremer aber müssen gewinnen, um selbst noch im Kampf um die internationalen Plätze eingreifen zu können. Hertha empfängt dann die Bayern und am letzten Spieltag den 1. FC Kaiserslautern. Von Vorteil könnte sein, dass die Bayern Meister sind und daher dem Nachwuchs eine Chance geben. Immer, wenn das so war, spielte der FC Bayern nicht erfolgreich. Von Vorteil könnte ebenfalls sein, dass der FCK am letzten Spieltag den Klassenerhalt geschafft hat. Doch sowohl die Lauterer als auch die Bayern müssen ihre physische und psychische Spannung halten bis zum Pokalfinale am 31. Mai.

Die Verletztenliste: Kurz vor Ende der Saison sind die Kader aller Vereine gezeichnet. Schwer wiegen wird der Ausfall von Dick van Burik. Herthas Abwehrchef zog sich gegen Hannover einen schweren Muskelfaserriss in der rechten Wade zu und fällt vermutlich bis Saisonende aus. Ihn zu ersetzen – vor allem gegen torgefährliche Mannschaften wie Bremen und München – wird schwer fallen. Pal Dardai ist an einer Grippe erkrankt, dürfte aber spätestens gegen die Bayern dabei sein. Generell aber ist die Lage besser als in der Hinrunde, in der Hertha viele Stammkräfte zu ersetzen hatte.

Die Mentalität: Wahrscheinlich der ausschlaggebende Punkt. Für die Berliner spricht, dass sie sich durch die letzten Siege Vertrauen angespielt haben. Wie viel Mut aber dabei war, wird sich in Bremen zeigen. In dieser Spielzeit blieb Hertha den Beweis noch schuldig, auch zupacken zu können.

Fazit: Hertha ist bisher Vierter und kann einen Champions-League-Platz nicht aus eigener Kraft schaffen. Nur wenn alles passt, und Dortmund oder Stuttgart mithelfen, könnte mehr drin sein. Passen würde am ehesten ein Uefa-Cup-Platz.

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