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Sport: Offensive wirkt

Energie Cottbus entdeckt die Lust am Stürmen

Unwissenheit schützt vor Strafen nicht, aber nicht einmal Unwissenheit konnte Borussia Mönchengladbach nach der 1:3- Niederlage beim FC Energie Cottbus als mildernden Umstand geltend machen. Dass der Aufsteiger das neue Jahr stürmisch würde angehen wollen, hatten die Cottbuser vor dem Rückrundenstart nie verheimlicht. Die Gladbacher ließen sich trotzdem überrumpeln. Zehn Sekunden waren gespielt, als Sergiu Radu an der rechten Seite völlig frei flanken konnte, zwölf Sekunden, als Vlad Munteanu, ebenfalls völlig frei, im Strafraum den Ball annahm, und vierzehn Sekunden, als sein Schuss knapp am rechten Pfosten vorbei flog. Die Gladbacher hätten also gewarnt sein können, doch sie weigerten sich weiterhin, die Zeichen der Zeit zu erkennen.

Na gut, da muss man auch erstmal drauf kommen, dass Cottbus plötzlich stürmt, ausgerechnet der Verein, der wie kein zweiter in der Fußball-Bundesliga für Erfolg durch Verhinderung steht. Trainer Petrik Sander hatte der Mannschaft in der Winterpause den Bruch mit der Vergangenheit verordnet. „Wir wollen versuchen, den Gegner zu Hause unter Druck zu setzen“, sagte er. Die Abkehr von der Defensive ist keinem romantischem Gefühl von Sturm und Drang entsprungen, sondern einer nüchternen Analyse. Zu Beginn der Rückrunde trifft Energie im Stadion der Freundschaft vornehmlich auf Konkurrenten im Abstiegskampf, „die uns nicht den Gefallen tun werden und hier Hurrafußball spielen“, erklärte Sander.

Gegen die Gladbacher, die mit einem Sieg an Energie vorbeigezogen wären, hat die Offensive jedenfalls schon gewirkt. „Cottbus hat richtig guten Fußball gespielt“, sagte Borussias Mittelfeldspieler Eugen Polanski. Zumindest in der ersten Hälfte traf dies uneingeschränkt zu, als sich Energie einige gute Chancen erarbeitete, durch zwei Tore von Sergiu Radu mit 2:0 in Führung ging und damit den ersten Sieg nach acht vergeblichen Versuchen einleitete. „Das war die beste erste Halbzeit, die wir je gespielt haben“, sagte Daniel Gunkel, der im neuen System in Vertretung des kranken Ervin Skela den Spielmacher geben darf und mit einem feinen Pass Radus ersten Treffer vorbereitete.

Der zweifache Torschütze ist der größte Profiteur des Paradigmenwechsels. In der Hinrunde musste Radu entweder als einzige Spitze oder etwas versetzt hinter dem einzigen Stürmer auflaufen. Gegen Gladbach spielte er mit Francis Kioyo gleichberechtigt in vorderster Linie. „Beide fühlen sich pudelwohl in der Mitte“, sagte Trainer Sander. „Sie passen auch gut zusammen.“ Der wuchtige Kioyo lieferte sich mit dem ebenso wuchtigen Gladbacher Verteidiger Steve Gohouri körperlich harte Duelle. Ein wenig überraschend entschied der Cottbuser die Auseinandersetzungen meist für sich und schuf damit viel Raum für seinen schmächtigen Kollegen Radu. Vom eigenen Publikum wird dieser wertvolle Beitrag jedoch weiterhin wenig geschätzt, viel lieber erregte es sich über die zwei Konterchancen, die Kioyo vergab.

Das Arbeitstier Kioyo, der treffsichere Radu, dazu der torgefährliche Munteanu im linken Mittelfeld – bei genauerem Hinsehen ist Energies Offensive keineswegs schwach besetzt. „Wir wissen jetzt: Zu Hause müssen wir das Spiel machen“, sagte Kapitän Kevin McKenna. Was viel wichtiger ist: Nach dem Spiel gegen Mönchengladbach wissen die Cottbuser: Sie können es auch.

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