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"Imperator" Terim ist bekannt für sein aufbrausendes Temperament.

© AFP

"Ofsayt" - Die Fußballkolumne aus der Türkei: Die Rückkehr des Imperators

Unser Istanbul-Korrespondent Thomas Seibert schreibt ab sofort in seiner Kolumne "Ofsayt" immer dienstags über den türkischen Fußball. In der ersten Folge geht es um Fatih Terim, der mal wieder Nationaltrainer werden könnte.

Die Dinge stehen nicht gut für die türkische Fußball-Nationalmannschaft. In der Gruppe D der WM-Qualifikation liegt das Land nach sechs Spielen auf dem vierten Platz – die Teilnahme am Weltturnier in Brasilien im kommenden Jahr ist hochgradig gefährdet, die noch ausstehenden vier Qualifikationsspiele sind entscheidend. Nationaltrainer Abdullah Avci ist angesichts der miesen Bilanz höchst umstritten und auf der Abschussliste. In der Stunde der Not besinnt sich der Verband nun auf einen potenziellen Retter, einen alten Bekannten mit dem Spitznamen "Imperator": Erfolgstrainer Fatih Terim.

Allerdings ist der 59-jährige "Imperator" derzeit beim amtierenden Meister Galatasaray Istanbul unter Vertrag und soll in der gerade begonnenen Saison den Titel verteidigen. Ganz anders als die Nationalmannschaft steht Terims Galatasaray glänzend da. Dem Starensemble wird der erneute Titelgewinn nach derzeitigem Stand kaum zu nehmen sein, der Saisonauftakt gegen Gaziantep glückte am Montagabend mit 2:1. Die Vereinsführung von Galatasaray hat ehrgeizige Pläne und strebt mit Zugängen wie Didier Drogba und Wesley Sneijder den internationalen Erfolg in der Champions League an. Terim ist also eigentlich unabkömmlich.

Das hinderte eine Delegation des Verbandes aber nicht daran, Terim trotzdem das Amt des Nationaltrainers anzutragen. In der laufenden Saison könne er neben dem National-Job auch Trainer bei Galatasaray bleiben, kein Problem. Noch ist nicht bekannt, wie sich Terim entscheiden wird oder was Galatasaray zu all dem sagt.

Die von mehreren Zeitungen publik gemachten Kontakte dürften den derzeitigen Nationalcoach Avci endgültig erledigt haben. Am 6. September soll Avci die Mannschaft ins nächste Qualifikationsspiel gegen Andorra führen. Selbst für einen desillusionierten Nationaltrainer scheint das eine lösbare Aufgabe zu sein. Doch nach den Zeitungsberichten soll Avci schon vor dem 6. September durch Terim ersetzt werden.

Wenn der Plan jedoch nicht funktioniert, steht die Türkei mit einem Nationaltrainer da, den niemand mehr haben will, der auf die Schnelle aber auch nicht ersetzt werden kann. Nicht die besten Voraussetzungen für den ohnehin schon schwierigen Kampf um ein WM-Ticket für die Türkei.

"Imperator" Terim ist aus mehreren Gründen der natürliche Kandidat für die Avci-Nachfolge. Mit Galatasaray holte er im Jahr 2000 den Uefa-Pokal, den bisher einzigen wichtigen internationalen Titel einer türkischen Mannschaft. Zudem war Terim schon zweimal Nationaltrainer: In seiner bisher letzten Amtszeit schaffte es die Türkei unter seiner Leitung bis ins Halbfinale der Europameisterschaft 2008.

Doch auch der "Imperator" hat seine Schwächen. Da ist zum Beispiel sein aufbrausendes Temperament. In der vergangenen Saison wurde Terim für neun Spiele von der Trainerbank verbannt, weil er in einem Ligaspiel fast auf den Schiedsrichter losgegangen wäre. Einen Teil der Strafe muss er auch in der neuen Saison noch absitzen – deshalb erlebte der "Imperator" den Sieg seiner Mannschaft zum Saisonauftakt gegen Gaziantep am Montag auf der Tribüne. Bei seiner möglichen Rückkehr ins Amt des Nationaltrainers am 6. September wird Terim aber wieder auf der Bank sitzen dürfen.

Thomas Seibert lebt seit 1997 in Istanbul und arbeitet für den Tagesspiegel als Türkei-Korrespondent. Ab sofort schreibt er immer dienstags seine Kolumne "Ofsayt" über den türkischen Fußball.

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