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Der frühere HSV-Profi Gökhan Töre musste ins Krankenhaus, nachdem auf ihn geschossen wurde.

© imago

Ofsayt - Die Fußballkolumne aus der Türkei: Schüsse im Morgengrauen

Gökhan Töre spielt eine erfolgreiche Saison mit Besiktas Istanbul. Doch nach dem Derby gegen Fenerbahce wurde er in einem Nachtklub angeschossen. Der ehemalige HSV-Profi hatte aber Glück im Unglück.

Mit Besiktas Istanbul ist der frühere HSV-Profi Gökhan Töre kurz vor Saisonende auf gutem Wege, einen Champions-League-Platz zu ergattern. Grund genug für eine Party in einem Istanbul Nachtclub nach dem 1-1 gegen Tabellenführer Fenerbahce am vergangenen Sonntag. Doch in den frühen Morgenstunden am Montag verwandelte sich die Feier mehrerer Profis im Club „Bedroom Exclusive“ in eine blutige Auseinandersetzung.

Eine Frau in der Bar beschwerte sich bei ihrem Mann, sie sei von einem Gast – nach einigen Berichten soll es Töre gewesen sein – belästigt worden. Der Mann, der laut Presseberichten wegen Gewaltdelikten vorbestraft ist, fackelte nicht lange und eröffnete mit einer Pistole das Feuer. Ein halbes Dutzend Menschen wurden verletzt, Töre wurde mit zwei Schüssen in die Schultern ins Krankenhaus gebracht. Der frühere Kölner Mittelfeldspieler Taner Yalcin, der heute im zentralanatolischen Kayseri spielt, wurde an der Hand getroffen. Der Täter konnte flüchten.

Töres Verein Besiktas teilte mit, die Schießerei habe nichts mit dem 22-jährigen zu tun gehabt. Doch diese Version wird in der Presse stark bezweifelt. Warum habe der Schütze nur auf die Gruppe um Töre gezielt? fragte die Zeitung „Hürriyet“. Der Fußballer sei zuerst in der linken Schulter getroffen worden, habe dann versucht zu fliehen. Dabei feuerte der Schütze eine zweite Kugel in Töres rechte Schulter; ein dritter Schuss auf Töre sei ins Leere gegangen. Auch das spricht dafür, dass Töre kein unbeteiligter Nachtclub-Gast war.

Töre soll innerhalb von zehn Tagen wieder spielen können

Offenbar hatte Töre viel Glück im Unglück. Nach einer Operation in einem nahen Krankenhaus wird er laut Zeitungsberichten noch diese Woche die Klinik verlassen und innerhalb von zehn Tagen wieder spielen können.

Nicht nur Töre und Yalcin feierten im „Bedroom Exclusive“. Ein halbes Dutzend andere Besiktas-Profis waren ebenfalls dort, einige verließen das Etablissement nur wenige Minuten vor der Schießerei. Die Vereinsführung von Besiktas erkennt bei den Stammspielern ein Disziplinproblem und will hart durchgreifen. Profis wie Töre hätten nur wenige Stunden vor der geplanten Trainingseinheit am Montag nichts in einem Nachtclub zu suchen gehabt, wurde Vereinspräsident Fikret Orman von der Zeitung „Habertürk“ zitiert: „Das sind doch keine Kinder mehr.“

Möglicherweise fühlten sich Töre und seine Kollegen in Partylaune, weil die Spielzeit so gut wie gelaufen ist. Vier Spieltage vor Schluss liegt Fenerbahce mit zwölf Punkten Vorsprung vor Besiktas fast uneinholbar an der Spitze. Einer der gefährlichsten Verfolger, Galatasaray Istanbul, ging am Wochenende auf eigenem Platz gegen die vierte Istanbuler Mannschaft im Fußball-Oberhaus, Kasimpasa, mit 0-4 unter.

Galatasaray muss um einen Platz in der Champions League bangen

Für den amtierenden – und ab sofort muss man wohl sagen: scheidenden – Meister Galatasaray markierte die Heimniederlage den vorläufigen Tiefpunkt einer Krise, die bereits seit einigen Wochen anhält. Zum ersten Mal seit 18 Jahren kassierten die „Löwen“, wie die Spieler von Galatasaray genannt werden, zu Hause vier Gegentreffer in einem Ligaspiel. Trainer Roberto Mancini suchte die Schuld bei Schiedsrichter Cüneyt Cakir, der zuerst ein klares Foul gegen Galatasaray ignorierte, dann einen Spieler der Gastgeber vom Platz stellte und Kasimpasa einen Elfmeter zusprach.

So muss der mit hohen Erwartungen und Stars wie Didier Drogba in die Saison gestartete Club Galatasaray nun noch um einen Platz in der Champions League bangen. Da Fenerbahce wegen Spielmanipulationen in der Saison 2010/2011 von der UEFA gesperrt ist, ziehen im Falle eines Meistertitels für Fenerbahce die Zweit- und Drittplatzierten in die europäische Edel-Liga ein. Der derzeitige dritte Tabellenplatz von Galatasaray hinter Besiktas ist aber nicht sicher, da der Viertplatzierte Trabzonspor nur sieben Punkte Rückstand hat.

Während Fenerbahce für das kommende Wochenende eine Meisterfeier im eigenen Stadion vorbereitet, beginnt für Galatasaray das Zittern in den letzten Spieltagen. Für Mancini, Drogba und andere Akteure gibt es angesichts der Bilanz wohl keine Zukunft am Bosporus.

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