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FC Bayern München - Training - Kahn

© dpa

Oliver Kahn: "Irgendwann wird Golf langweilig"

Oliver Kahn spricht über sein heutiges Abschiedsspiel und ein Leben ohne Fußball.

Herr Kahn, Sie haben in Ihrer Karriere Ehrgeiz und Siegeswillen neu definiert. Gilt das auch für Ihr Abschiedsspiel?

Soll ich jetzt sagen: Ich will das Spiel gewinnen! Ehrgeiz gibt es da keinen. Ich stelle mir eher eine andere Frage.

Welche?

Was kannst du eigentlich noch bringen nach drei Monaten ohne torwartspezifisches Training? Ich gehe nicht in dieses Spiel, um sechs Unhaltbare zu halten. Für mich geht es darum, die 75 Minuten zu überleben.

Sind Sie fit?

Da bin ich mir nicht so ganz sicher. Ich habe noch eine leichte Einheit mit Sepp Maier absolviert, davor habe ich seit Mai nicht mehr trainiert. Natürlich habe ich Sport getrieben, viele Waldläufe, ein bisschen im Kraftraum, sehr viel Golf – aber das ist vielleicht nicht die optimale Vorbereitung. Ich verlasse mich so ziemlich auf meine Erfahrung. Trotzdem wird das eine schwere Geschichte werden.

Haben Sie Angst vor dem Moment, an dem es endgültig vorbei ist?

Für mich ist ja längst alles vorbei. Der Moment, in dem meine Karriere zu Ende gegangen ist, war vor drei Monaten, im letzten Saisonspiel gegen Hertha. Ich neige nicht zu Wehmut. Trotzdem kann es sein, dass es für mich noch einmal sehr emotional wird, wenn ich nach 75 Minuten vom Feld gehe. Aber woher soll ich jetzt wissen, was dann in mir vorgehen wird?

Hatten Sie Schwierigkeiten, sich in Ihrem neuen Leben zurechtzufinden?

Es ist gar kein neues Leben, es ist nur ein anderer Lebensabschnitt. Und der kommt nicht überraschend für mich. Die ersten drei Monate ohne Fußball waren fantastisch, ich fühle mich sehr wohl, und es gibt nichts, worüber ich jetzt noch großartig lamentieren müsste. Neue Dinge werden kommen, neue Herausforderungen stehen an.

Wie sehr vermissen Sie den Fußball?

Erstaunlich wenig. Mitte Juli, wenn normalerweise die Vorbereitung auf eine neue Saison beginnt, habe ich mal gespürt, wie mein Körper nach Arbeit verlangt hat, nach Training.

Könnte es noch ein Zurück für Sie geben?

Nein, das sollte inzwischen eigentlich jedem klar sein. Es gab ja einige Angebote, auch aus dem Ausland, aber das war nicht mal im Ansatz eine Überlegung wert. Franz Beckenbauer hat einmal gesagt: Irgendwann kommst du in ein Alter, da magst du die kurzen Hosen einfach nicht mehr anziehen. Er hat Recht.

Und Sie langweilen sich nicht?

Überhaupt nicht. Es gibt so viele Dinge zu tun, ob es in Asien ist, ob es um die Promotion meines Buches geht, oder, jetzt muss ich’s sagen, als Experte beim ZDF.

Als Spieler haben Sie mit den Experten vermutlich Ihre Probleme gehabt, oder?

Ja, furchtbar. Wobei ich heute sagen muss, dass der eine oder andere vielleicht doch nicht immer Unrecht hatte mit seiner kritischen Analyse.

Was genau planen Sie in Asien?

Ich werde dabei helfen, Talente zu suchen. Wir wollen den besten Torhüter Chinas finden. Wir haben dort eine eigene Internet-Plattform eingerichtet, zu der man sein Bewerbungsvideo schicken kann. Später soll das auch auf Japan ausgedehnt werden, auf Korea, Malaysia und Indonesien.

Oliver Kahn sucht den Super-Torwart.

Natürlich wird das Ganze auch medial begleitet. Es soll eine Art Unterhaltungssendung daraus entstehen, aber das hat schon einen ernsten Hintergrund. Eine Castingshow wird das nicht.

Was ist mit dem Golfspielen, mit Ihrem Ziel, Handicap null zu haben?

Handicap null ist kein Ziel, das ist ein Traum. Aber Golf wird irgendwann auch ein bisschen öde und langweilig. Der Sport ist ideal, wenn man ihn als Ausgleich betreibt. Ich glaube, dass ich gar nicht mehr so viel Zeit dafür finden werde.

Ist Ihr neues Leben schon komplett durchgeplant?

Alles durchzuplanen wäre wohl fatal. Das habe ich ja 20 Jahre gehabt. Ich bin froh, dass ich jetzt mal ein bisschen in den Tag hineinleben kann. Aber ich weiß auch, dass ich nicht der Typ bin, der das ewig durchhält.

Bei Ihrem Abschiedsspiel werden Sie nur für die Bayern auflaufen. Warum haben Sie sich gegen die Nationalelf entschieden?

Es gab gar keine Entscheidung für oder gegen irgendjemanden. Mit dem Thema habe ich mich überhaupt nicht beschäftigt. Das sollte man auch nicht so eng sehen. Um Gottes willen. Da ist irgendwie ein falscher Eindruck entstanden. Ich kann auch eine Halbzeit bei der Nationalmannschaft spielen. Das lässt sich doch alles kurzfristig noch regeln.

Sind Sie sich eigentlich sicher, dass Sie bei Jürgen Klinsmann die Nummer eins sind?

Mal sehen, wie er mein Abschlusstraining bewertet. Vielleicht stellt er mich ja gar nicht auf. Das kann ich mir allerdings nicht vorstellen.

Aufgezeichnet von Stefan Hermanns.

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