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Sport: Olympia verliert eine Attraktion

Der Präsident des italienischen Skiverbands nahm die schöne, traurige Nachricht gefasst auf. „Jetzt kriegt sie den wahrscheinlich schönsten Preis, den eine Frau bekommen kann“, sagte Gaetano Coppi.

Der Präsident des italienischen Skiverbands nahm die schöne, traurige Nachricht gefasst auf. „Jetzt kriegt sie den wahrscheinlich schönsten Preis, den eine Frau bekommen kann“, sagte Gaetano Coppi. „Aber ich hätte es vorgezogen, dieser Preis wäre ein bisschen später gekommen.“ Kurz zuvor hatte Italiens Alpinstar Isolde Kostner in einem offenen Brief überglücklich mitgeteilt, welchen Preis sie erhält. „Ich erwarte ein Kind“, schrieb die 30-Jährige, und schickte die Konsequenz hinterher: „Meine Karriere als Skiläuferin endet hier und heute.“ Verbandspräsident Coppi bemerkte daher traurig: „Wir verlieren einen der größten Champions, die Italien jemals hatte.“ Fünfzehn Weltcupsiege hat Isolde Kostner geholt, 51 Mal auf dem Treppchen gestanden, zweimal Bronze bei Olympia in Lillehammer gewonnen, eine Silbermedaille in Salt Lake City – der Südtirolerin fehlte nur noch Gold. Das sollte sie bei den am 10. Februar beginnenden Winterspielen in Turin holen, doch jetzt tritt die erfahrenste italienische Skirennfahrerin nicht an.

Und jetzt hat Turin ein Problem. Südlich der Po-Ebene sind die ernst zu nehmenden Sportarten in Italien nämlich recht schnell aufgezählt: Fußball. Schon seit langem besteht deshalb die Furcht, Olympia könnte im eigenen Land zum Flop werden. Der Kartenverkauf scheint das zu bestätigen. Eine Million Tickets sind verfügbar; vier Wochen vor den Spielen sind erst 585 000 verkauft, davon 400 000 ins Ausland. In Italien selbst haben sich bisher hauptsächlich Piemontesen begeistern lassen, also Leute aus der Turiner Region. „Die Italiener sind es nicht gewohnt, Entscheidungen langfristig zu treffen“, lässt das Organisationskomitee (Toroc) verlauten. „Sie kaufen ihre Tickets alle erst in letzter Minute“ – womöglich erst, wenn sie im Fernsehen die glanzvolle Eröffnungsfeier gesehen haben. Die olympische Fackel zumindest, die seit einem Monat kreuz und quer durch Italien zieht, hat keine nennenswerte Massenbegeisterung entfacht.

Umso stärker hatten die Olympia-Macher auf die Werbewirksamkeit einheimischer Sportler gesetzt. Die „campioni azzurri“, die Medaillenhoffnungen, sollen die Landsleute in die Alpen locken. Bei Giorgio Rocca scheint es zu funktionieren. Nach seinem vierten Saisonsieg hat der 30-Jährige am Wochenende in Adelboden von den italienischen Zeitungen bereits den Spitznamen „Der Göttliche“ erhalten. Die zweite große Goldhoffnung und Sympathieträgerin indes ist den Turinern zu ihrem Schrecken am Dienstagabend abhanden gekommen.

„Meine nächste, wunderschöne Herausforderung wird es nicht mehr sein, Gold nachzujagen, sondern Mama zu werden und Mama zu sein“, teilte Isolde Kostner mit, die eigentlich erst nach Olympia eine Familie gründen wollte. „Ich danke Gott für dieses unerwartete Geschenk, auch wenn der Zeitpunkt von vielen als unpassend betrachtet werden kann.“ Zu diesen Menschen gehört auch Alpintrainer Valerio Ghirardi, der sagt: „Sie hätte ihre Karriere in großem Stil abschließen können.“ Die Sympathie-Medaille ist Isolde Kostner aber sicher; die italienischen Zeitungen haben sie ihr bereits umgehängt.

Und ganz fehlen wird der Name Kostner in Turin auch nicht. Isoldes 19 Jahre alte Kusine Carolina wird die italienische Fahne beim Einmarsch tragen. Bei der Weltmeisterschaft im Eiskunstlauf holte sie Bronze – mal sehen, ob das reicht, um die fußballbegeisterten Italiener nach Turin zu locken.

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