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Wackelige Angelegenheit. Willy Bogner und seiner Münchner Bewerbungsgesellschaft droht das Scheitern. Foto: Imago

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Olympiabewerbung für 2018: Münchens Leuchten macht jetzt Pause

Olympiabewerbung für 2018: Bevor sich München mit der Konkurrenz auseinandersetzt, braucht die Stadt Geld und den Rückhalt in der Bevölkerung.

Berlin - Krisensitzung. Anders kann man die Gesellschafterversammlung der Münchner Olympiabewerbung für die Winterspiele 2018 an diesem Donnerstag kaum nennen. Noch vor drei Wochen hatte die Bewerbung gestrahlt, weil das Internationale Olympische Komitee (IOC) sie mit guten Noten ins Finale gewinkt hatte. Jetzt hat München erst einmal ausgeglänzt. Bevor sie das Duell mit Südkoreas Mitbewerber Pyeongchang aufnehmen, müssen sich die deutschen Bewerber mit sich selbst beschäftigen. Bewerbungsgeschäftsführer Willy Bogner hatte in einem Brief Probleme angesprochen. Auch eine Rücktrittsdrohung ließ sich herauslesen, auch wenn der Modeunternehmer später sagte, es sei nicht so gemeint gewesen. Bei Bayerns Ministerpräsidenten Horst Seehofer ist der Ärger auf jeden Fall angekommen: „Es muss jetzt Klarheit geschaffen werden. Die Dinge sind der Bewerbung nicht bekömmlich, sie müssen vom Tisch.“ Gleich mehrerer Problemen müssen sich die Gesellschafter annehmen:

FINANZEN

30 Millionen Euro soll die Bewerbung kosten. Vielleicht auch 35. Es könnten auch noch mehr werden, je nachdem, wie viel die Gesellschafter in die Bewerbung investieren. Bisher sind erst 20 Millionen Euro eingenommen. „Es ist schwerer als erwartet, in Zeiten der Krise private Mittel einzuwerben“, räumt Michael Vesper ein, der Generaldirektor des Deutschen Olympischen Sportbundes (DOSB). Seehofer verkündet dennoch: „Wir wollen an dem Konzept festhalten, die Bewerbung nicht aus Steuermitteln zu bestreiten.“ Wer am Ende ein Defizit ausgleichen muss, ist jedoch vertraglich geregelt: die Gesellschafter – außer dem Mehrheitsgesellschafter DOSB. Das sind der Freistaat Bayern, die Stadt München, die Gemeinde Garmisch-Partenkirchen und der Landkreis Berchtesgadener Land. Das Geld müsste also doch aus Steuermitteln genommen werden. Ein Modell wäre, der Bewerbungsgesellschaft zunächst ein weiteres Darlehen zu gewähren. Schon 2009 hatten Land und Stadt mit einem Überbrückungskredit aushelfen müssen.

AUSTRAGUNGSORTE

Kurz nach der Kür zur Bewerberstadt durch das IOC hat München schon eine Änderung am Konzept vorgenommen. Die Langlauf- und Biathlonwettbewerbe sollen nicht mehr in Oberammergau ausgetragen werden. Das Risiko war den Planern zu groß, die dortigen privaten Flächen nicht zu bekommen. Es ging um 200 Grundstücke in der Hand von mehr als 150 Besitzern. Das hätten lange Verhandlungen werden können, zumal für die Wettbewerbe das komplette Land gebraucht worden wäre. Oberammergau wird nun durch das Gut Schwaiganger ersetzt. Es gehört dem Land Bayern.

In Garmisch-Partenkirchen sieht es anders aus. Dort finden die alpinen Wettbewerbe statt, es werden unter anderem Übernachtungs- und Parkmöglichkeiten benötigt, und dafür muss die Bewerbungsgesellschaft die Bauern überzeugen, ihre Flächen abzugeben. Elisabeth Koch, CSU-Fraktionsvorsitzende im Gemeinderat, sagt: „Anstatt den Landwirten freundlich, offen und ehrlich zu begegnen, hat man sie von oben herab behandelt.“ Von 80 bis 90 Grundstücken in Garmisch-Partenkirchen ist die Rede. Finanzielle Entschädigung sei dabei nicht der kritische Punkt. „Es geht den Bauern um die Scholle. Die Wiesen sind zum Teil seit Jahrhunderten in Familienbesitz“, sagt Koch. Es hallt jedoch der Satz aus der Bewerbungsgesellschaft nach, die Bauern sollten doch ihre hochsubventionierten Flächen für die Allgemeinheit zur Verfügung stellen. Der Sprecher der Olympia-Bewerbungsgesellschaft Jochen Färber sagt: „Wir haben auch Landwirte, die der Bewerbung ganz positiv gegenüberstehen und gerne Olympische Spiele haben wollen.“

Derzeit würden Einzelgespräche geführt. „Das ist wie bei einem Hauskauf, der ist auch nicht nach 24 Stunden abgeschlossen“, sagt Färber. Was passiert, wenn nicht alle Landwirte ihre Flächen abgeben, ist offenbar schon durchgespielt worden: Dann könnten zum Beispiel Gebäude in die Höhe gebaut werden.

ZUSTIMMUNG

Der Gemeinderat von Garmisch-Partenkirchen hat zwar 2007 einstimmig beschlossen, bei der Olympiabewerbung mitzumachen. „Der Gemeinderat besteht aber nur aus 31 Leuten, man sollte auch den Bürgern noch die Gelegenheit geben, darüber abzustimmen“, sagt Elisabeth Koch. Einer solchen Abstimmung sehe die Bewerbungsgesellschaft „gelassen entgegen“, sagt Färber. „Es würde nicht ins Bild passen, wenn Garmisch-Partenkirchen 2011 die alpinen Ski-Weltmeisterschaften austrägt, aber keine Olympischen Spiele haben will.“ Die große Mehrheit sei dafür und würde sich nur noch nicht laut genug äußern. Dass es Diskussionen und Kritik gebe, gefährde die Münchner Bewerbung nicht, sagt ihr Sprecher, „das IOC hat gelernt damit umzugehen“.

ÖKOLOGIE

Die ökologische Komponente haben die Münchner eher als Pluspunkt gesehen. Und dafür auch vom IOC Lob bekommen. In Deutschland genügt das Konzept nicht allen Ansprüchen. Ludwig Hartmann, Landtagsabgeordneter der Grünen, sagt: „Schon jetzt sind viel zu viele Flächen in der Region versiegelt. Das Schmelzwasser braucht in den Tälern einfach Flächen.“ Die Bewerbungsgesellschaft entgegnet, dass der Flächenverbrauch bedeutend größer gewesen wäre, wenn Garmisch-Partenkirchen nicht als ein Zentrum der Spiele eingeplant worden wäre, sondern stattdessen etwa Langlauf- und Biathlonwettbewerbe in Ruhpolding stattfinden würden.

Den ökologischen Preis der Winterspiele hält Ludwig Hartmann für zu hoch – auch weil Garmisch-Partenkirchen zu tief liegt. Unmengen von Kunstschnee würden benötigt, um Pisten und Loipen zu präparieren. Hartmann gehört zu denjenigen, die sich zur „Nolympia“-Bewegung zusammengeschlossen haben. Den Rückzug aus Oberammergau hat er als ersten Erfolg gefeiert. Den nächsten erhofft er sich bei einem Bürgerentscheid in Garmisch-Partenkirchen. Dort liegen bereits Unterschriftenlisten aus, Infostände sollen folgen. Die Fixierung auf Winterspiele würde dem Ort Entwicklungsmöglichkeiten für den viel wichtigeren Sommertourismus verbauen. „Je länger die Bewerbung läuft“, sagt Hartmann, „desto größer ist der Imageschaden vor Ort.“

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