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Guerrero

© dpa

Paolo Guerrero: Angst vorm Fliegen

HSV-Stürmer Paolo Guerrero sitzt in seiner Heimat Peru fest, weil er sich nicht ins Flugzeug traut.

Das ganze ist ihm ziemlich peinlich. Sprechen möchte er auch nicht drüber. Dabei wäre das vielleicht die Lösung. Man kennt Paolo Guerrero als torgefährlichen Angreifer. Und als zähen Verhandlungspartner, wenn es um die nächste Gehaltserhöhung geht. Damit ist der selbstbewusste peruanische Stürmer seinem Arbeitgeber schon oft so richtig auf die Nerven gegangen. In diesen Tagen sorgt man sich beim Hamburger SV aber eher um den 26-Jährigen, die anfänglichen Witzchen findet keiner mehr lustig: Guerrero hängt nämlich fest. In Lima, Peru.

Viermal ist er dort ins Flugzeug gestiegen, viermal hob der Jet ohne ihn ab. Paolo Guerrero leidet unter Flugangst, schon immer. Und noch viel mehr, seit sein Onkel José Gonzales vor drei Jahren bei einem Absturz starb. Die Angst schien gebändigt, doch dann kam im August ein unruhiger Rückflug nach einem Europa-League-Spiel des HSV in Frankreich. Wegen eines Hydraulikschadens musste die Maschine mit Guerrero an Bord damals in Paris zwischenlanden. Seitdem hebt er nur noch ab, wenn Freunde oder Familie zur Begleitung und Beruhigung dabei sind. Wie beim Hinflug nach Lima. Doch jetzt sitzt ihm die Angst wieder im Nacken und er fest. Helfen lassen wollte Guerrero sich bislang nicht, obwohl es natürlich Angebote von Fachleuten gibt – Flugangst ist ja ein weit verbreitetes Phänomen. Beim HSV zeigen sie Verständnis für den Havarierten: "Das ist eine Angelegenheit, die sehr stark in private Bereiche geht“, sagte der Hamburger Trainer Bruno Labbadia, "ich maße mir nicht zu, den Fall beurteilen zu können.“

Eigentlich sollte Guerrero längst wieder in Hamburg sein und seinen Kreuzbandriss auskurieren. Als er nicht kam, schickte der HSV einen Betreuer nach Peru. Der konnte ihn aber nicht überreden, in die Maschine zu steigen. Reiseversuch Nummer vier mit Guerreros Freundin Talia scheiterte Mitte der Woche, weil sie plötzlich in Peru bleiben wollte. Der HSV hat sogar bereits überlegt, Guerrero auf dem Seeweg per Frachter nach Europa zu schicken: 26 Tage durch den Panama-Kanal über Jamaika und Rotterdam nach Hamburg. Fast 11.000 Kilometer für 3230 Euro. Grundsätzlich wäre das möglich, wäre er nicht verletzt. Denn an Bord wäre das Reha-Training schwierig bis unmöglich. Vielleicht kann Martin Rojas helfen, Guerreros Cousin, damit die beiden zusammen nach Hamburg fliegen können. "Wir klären jetzt ab, ob wir ein Visum für den Cousin bekommen“, sagte HSV-Sprecher Jörn Wolf am Donnerstag. "Es haben sich beim HSV an die 150 Flugangst-Experten gemeldet. Wir bitten von weiteren Bewerbungen abzusehen.“

Mit Ruud van Nistelrooy hat diese unglaubliche Bundesligageschichte nur am Rande zu tun. Vielleicht konnte die Verpflichtung des Niederländers nicht eben dazu beitragen, die Flugangst des Peruaners zu lindern. Ganz sicher verschlechtert die Aviophobie Guerreros Position für die anstehenden Vertragsverhandlungen: in der Europa League und der Bundesliga sind Flüge zu Auswärtsspielen an der Tagesordnung. Nicht jeder ist so gut, dass er es sich leisten kann, auf Auswärtsspiele einfach zu verzichten – so wie früher Dennis Bergkamp vom FC Arsenal. "Ich bleib dann mal hier“, war seine Devise, wenn die Londoner zu einem Champions-League-Spiel flogen. Manchmal ist er auch mit dem Auto vorgefahren. Eine Variante, die für Paolo Guerrero derzeit leider nicht in Frage kommt.

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