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Sport: Pferde auf der Sonnenbank

Die deutschen Dressurreiter bereiten sich mit ungewöhnlichen Methoden auf die Olympischen Spiele vor

Vergangene Woche war Ulla Salzgeber in Athen. Deutschlands beste Dressurreiterin schaute sich um an dem Ort, wo sie im August gerne zwei mal olympisches Gold gewinnen würde – eins mit der deutschen Equipe und eins ganz allein für sich und ihren Wallach Rusty. Als sie so herumlief auf der Reitanlage im Südosten der griechischen Megalopolis, tat sie etwas Außergewöhnliches: Sie schmierte sich mit Sonnencreme ein. „Zum ersten Mal in meinem Leben“, sagt Ulla Salzgeber. „Aber es war einfach so wahnsinnig heiß.“

Inzwischen ist die 45-Jährige zurück im kühlen deutschen Sommer, steht beim Aachener CHIO am Eingang zum Dressurstadion und erzählt, wie sie ihr Pferd auf Olympia vorbereitet. Durch intensives Training, natürlich. Aber zwischen den Übungseinheiten muss ihr Rusty zur Gewöhnung an die griechische Hitze jetzt auch täglich für eine halbe Stunde auf die Sonnenbank. „Er mag die Wärme sehr“, versichert die Reiterin. „Außerdem will ich nicht, dass er sich einen Sonnenbrand holt.“ Diese Maßnahme scheint den Ruf der Dressurreiter zu bestätigen: Das sind schwierige Typen, die irgendwie anders ticken. „Springreiter sind schon lockerer“, gibt Tierarzt Björn Nolting zu, der für die Pferde der deutschen Spring- und Dressurreiter zuständig ist.

Die Dressurreiter sind dem Willen der Preisrichter unterworfen, eine gute Außendarstellung ist deshalb sehr wichtig. Deshalb reagieren sie gerade in Bezug auf ihre Pferde äußerst sensibel. Ulla Salzgeber,die gestern die Grand-Prix-Einzelwertung gewonnen hat, erklärt, warum sie manchmal eigenwillig wirkt: „Wir haben schließlich ein Lebewesen bei uns. Das ist nicht wie bei einem Tennisspieler, der seinen Schläger rausholt.“ Und weil Rusty kein Tennisschläger ist, muss er jetzt regelmäßig ins Solarium. Abgesehen von ihrer Sorge um das 16-jährige Pferd wirkt Salzgeber derzeit ausgesprochen entspannt. So ist es ihr auch egal, dass die Aachener Jury dieselbe ist, die in Athen werten wird. „Ich habe nicht darüber nachgedacht, wer da sitzt“, sagt sie.

Ann-Kathrin Linsenhoff ist da weniger unbeschwert. Sie muss um ihren Platz im Olympiateam kämpfen. Nach ihrem sicheren Ritt im Mannschaftswettbewerb am Mittwoch saß die 44-Jährige extrem erleichtert auf Renoir. Ihre Chancen, auch in Athen im Team zu starten, sind weiter gestiegen. Gestern belegte sie im Grand Prix den 13. Platz. Die Chancen ihres Konkurrenten Hubertus Schmidt dagegen sind nicht gut. Schmidet belegte gestern in der Kleinen Tour des Grand Prix Platz zwei. „Der arme Kerl“, sagt Linsenhoff über den Kollegen, der zuletzt vergleichbare oder bessere Resultate als sie vorlegte und sich im Kreis der deutschen Dressurreiter deshalb benachteiligt fühlt. „Vielleicht erwartet man von mir am wenigsten Protest“, sagt er. Allerdings würde wohl auch Linsenhoff im Falle ihrer Nichtnominierung nicht ausrasten. In Aachen sagte sie: „Disharmonie ist für mich anstrengend.“ Deshalb will sie auch zum Fall Schmidt „kein Wort“ sagen. „Sonst krieg ich Riesenärger.“

Mund halten also, das renkt sich schon wieder ein. Für Ulla Salzgeber ist der Zwist ohnehin längst beendet. „Diese Geschichte wird zu hochgespielt“, sagt sie. Lächeln muss die zweifache Weltcup-Siegerin, als das Gespräch auf die US-Kollegin Lisa Wilcox kommt. Diese hatte dem „Spiegel“ anvertraut, dass es unmöglich sei, „eine Runde mit vier, fünf Dressurreitern zusammenzubekommen. Da wird kein Wort ohne Rechtsanwalt ausgetauscht.“ Salzgeber schüttelt den Kopf. „Vielleicht ist das in Amerika so. Bei uns habe ich das noch nicht erlebt“, sagt sie.

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