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...und raus! Philipp Kohlschreiber, gescheitert in New York. Foto: dpa

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Philipp Kohlschreiber: Ewig schmerzt die Schulter

Philipp Kohlschreiber scheitert mal wieder früh bei den US Open und hat sofort eine Entschuldigung parat.

Tennisspieler leben in einer zweidimensionalen Welt. Ihr ganzes Dasein spielt sich allein zwischen zwei Zuständen ab. Jenem des euphorischen Hochgefühls und dem des totalen Versagens. Dazwischen gibt es nichts. Sowohl in das eine wie das andere Extrem zu fallen, ist nicht immer leicht erträglich, und so ist es wenig verwunderlich, dass sich Tennisspieler im Laufe der Zeit ihre eigene Wahrheit zurechtlegen. So sind vermeintlich schwächere Gegner ganz plötzlich über sich hinausgewachsen, dabei habe man doch wirklich alles gegeben. Chancen auf den Sieg waren selbst bei glatten Niederlagen stets vorhanden, heißt es, und es blieb rätselhaft, warum diese nicht genutzt wurden. In dieser schöngefärbten Reihe fehlt indes noch jene Variante, derer sich Philipp Kohlschreiber bediente, als er in der zweiten Runde der US Open nach zweimaliger Satzführung noch mit 6:4, 3:6, 6:1, 1:6 und 3:6 am Franzosen Gilles Simon scheiterte. Eben jene, dass irgendeine Körperstelle gezwackt und ein gutes Spiel verhindert hätte. „Meine Schulter war ein Problem. Ich habe vor dem Match Schmerzmittel genommen, damit ich durchhalte“, sagte der Augsburger.

Dass er sich vor der Reise nach New York an der Schulter verletzt hatte, war bekannt. Doch nach dem Auftaktsieg gegen den Lübecker Tobias Kamke hatte Kohlschreiber noch betont, dass alles in Ordnung und er schmerzfrei sei. Und so tut an sich schwer bei der Einschätzung, ob er nur eine ärgerliche Niederlage erträglicher machen wollte, oder ob tatsächlich sein Einsatz in der Davis-Cup-Relegation gegen Südafrika in zwei Wochen gefährdet ist. „Ich fahre jetzt ein paar Tage nach München und entscheide dann, ob ich vielleicht noch eine Kernspintomographie machen lasse“, sagte Kohlschreiber. Ein Ausfall der deutschen Nummer eins wäre ein schwerer Verlust. Eine Nominierung per se wünscht Kohlschreiber jedoch nicht: „Die Qualität muss stimmen, sonst brauche ich nicht dabei zu sein.“

Doch das Prinzip der Leistungsbelohnung macht es dem deutschen Teamchef Patrik Kühnen nach den US Open schwer, eine Auswahl zu treffen. Denn zuletzt hatten die deutschen Herren genau vor zwei Jahren Flushing Meadows mit einer so schwachen Bilanz verlassen. Sieben deutsche Männer scheiterten in der ersten Runde, für die übrigen vier war in Runde zwei Schluss. „Keiner ist über sich hinausgewachsen“, monierte Kühnen, „natürlich wäre es schön, wenn gerade bei einem Grand-Slam-Turnier mal einer in die zweite Woche käme.“ Doch das hat seit Tommy Haas vor einem Jahr in Wimbledon keiner mehr geschafft.

Natürlich hängt für ungesetzte Spieler bei einem Grand-Slam-Turnier vieles vom Losglück ab. Doch das lässt sich nur mit konstant guten Leistungen umgehen, die einen am Ende in den Kreis der Gesetzten führen. Doch auch das konnte Kohlschreiber, die Nummer 29 der Liste, nicht vor dem vorzeitigen Aus bewahren. Denn er war schlicht nicht hoch genug gesetzt, um in der dritten Runde einem Gegner aus dem Kreis der acht weltbesten Spieler zu entgehen. In seinem Fall wäre es bei den US Open Rafael Nadal gewesen. Doch zu diesem Treffen kam es in New York gar nicht mehr. Dabei sind Kohlschreibers Ansprüche über solche Minimal-Ergebnisse längst hinaus. Die Top 20 sollen endlich geknackt werden, die Zeit arbeitet jedoch gegen ihn: „Wenn ich es im nächsten Jahr nicht schaffe, dann vielleicht nie mehr.“

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