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Baulich der Zeit voraus. Das von einem Hamburger Architekturbüro entworfene Schwimmzentrum in Schanghai ist hochmodern. Darin werden von den chinesischen Athleten Spitzenleistungen erwartet. Foto: dpa

© dpa

Sport: Plötzlich Oberwasser

In der Vorbereitung auf die Schwimm-WM in Schanghai haben sich die chinesischen Athleten rasant entwickelt – und das ohne High-Tech-Anzüge

Beim Anblick des Schanghaier Wassersportzentrums gerät Magdalene Weiss ins Schwärmen. Planung und Bau in nur zwei Jahren, das sei selbst für das im weltweiten Sportstättenbau erfahrene Büro der Hamburger Architekten GMP Rekord, sagt die Partnerin des Unternehmens. Nun stehen direkt neben dem Expogelände von 2010 drei futuristische Arenen. Das Schwimmstadion allein fasst 18 000 Menschen. Die Bühne ist bereitet für die Superstars Michael Phelps und Paul Biedermann und erstrahlte schon einmal bei der bunten Eröffnungsfeier. Gestern hat die Weltmeisterschaften im Schwimmen begonnen mit den ersten der 66 Entscheidungen (siehe Kasten). Die Chinesen erheben nicht nur auf architektonische Bestleistungen Anspruch, sondern auch auf den Gewinn vieler sportlicher Entscheidungen.

Eineinhalb Jahre nach dem Verbot der Hightech-Anzüge dominiert Sun Yang die Freistilweltranglisten von 200 bis 1500 Meter. Erstmals in der Schwimmgeschichte steigt bei den Männern ein Chinese als Favorit auf den Startblock, nach einer Entwicklung im ICE-Tempo. Bei den Olympischen Spielen in Peking 2008 überraschte der damals 16-Jährige mit dem Einzug in den 1500-Meter-Endlauf, dabei hatte er eigentlich nur Wettkampfpraxis sammeln sollen. 2009 holte er schon WM-Bronze in Rom, 2010 bei den Asienspielen Silber über seine Lieblingsdisziplin, 400 Meter-Freistil. Nun soll der Titel her.

In China wachse eine Armada neuer Weltklasseathleten heran, „das Niveau des Schwimmsports steigt schneller als im Rest der Welt“, glaubt David Lyles, olympiaerfahrener britischer Trainer für das Team Schanghai. Zudem denken Chinas Ausbilder immer häufiger perspektivisch, schicken ihre Talente in Trainingslager nach Australien und in die USA. Das zahlt sich nun aus.

„Nicht nur Sun Yang kann in Schanghai Weltmeister werden“, sagt Nationaltrainer Yao Zhengjie. Die Spitzenzeiten bei den nationalen Ausscheidungskämpfen im Frühjahr haben ihn optimistisch gemacht. Rückenschwimmerin Zhang Jin, die Titelverteidigerin von Rom, sei genauso Medaillenkandidatin wie die erst 15 Jahre alte Lagenschwimmerin Ye Shiwen. Die verblüffte die Fachwelt bei den Asienspielen im Herbst als stärkste Schwimmerin der siegreichen chinesischen Lagenstaffel über 400 Meter.

Andere dagegen kämpfen seit Monaten um ihre Form. Zheng Lin, in Rom noch Chinas erster Männerweltmeister, wird seinen Titel über 800 Meter Freistil nicht verteidigen und nur in der Staffel antreten. Er sei mental ausgebrannt, sagt Chefcoach Yao. Besser sei es daher, Zheng behutsam für Olympia 2012 aufzubauen.

Auch Zhou Jihong befindet sich im Neuaufbau. Nach dem Rücktritt von Guo Jingjing, mit vier Olympiasiegen und zehn WM-Titeln beste Wasserspringerin aller Zeiten, muss Chinas Nationaltrainerin bis London ein neues Team formen. „In manchen Disziplinen wie dem Zehn-Meter-Turmspringen der Männer hakt es“, sagte sie bei einem ihrer wenigen Interviews für westliche Medien. Die hoffnungsvollsten Athleten seien außer Form. Es werde ein enger Kampf, glaubt die erfolgreichste Trainerin der Welt. Für Chinas Schwimmsport sind das seltene Töne.

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