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Kurz nach ihrer Verhaftung wurden die Mitglieder der Band Pussy Riot wieder frei gelassen.

© Reuters

Politische Inszenierung in Sotschi: Das Schweigen des IOC schadet den Sportlern

Während Putin die Winterspiele als große Propagandabühne nutzt, verbietet das Olympische Komitee Aktivisten zu demonstrieren. Das ist feige und schadet dem Ansehen der sportlichen Leistung. Ein Kommentar.

Da haben doch Nadeschda Tolokonnikowa und ihre Kollegin Maria Alechina von der russischen Band Pussy Riot die große olympische Bühne in Sotschi tatsächlich für politische Propaganda missbrauchen wollen. Pfui. „Putin wird dich lehren, dein Vaterland zu lieben“ wollten sie singen. Festgenommen wurden sie wegen des Verdachts auf Diebstahl oder der Verletzung der Meldepflicht – so genau wussten das die russischen Behörden am Dienstag selbst noch nicht. Sie stehen damit in einer Reihe weiterer Aktivisten, die den schönen Schein der Spiele stören wollten. Die italienische transsexuelle Aktivistin Wladimir Luxuria etwa, die mit einer Regenbogenflagge und dem Slogan „It’s okay to be gay“ über das Veranstaltungsgelände gelaufen war – verhaftet und abgeschoben. Oder der inhaftierte Jewgeni Witischko, der den Bau der Wettkampfstätten kritisierte, weil tausende der Gastarbeiter, die diese Stätten unter fragwürdigen Bedingungen in die „russische Riviera“ stellten, noch immer nicht bezahlt wurden. Olympia sei kein Platz für Demonstrationen meint das Internationale Olympische Komitee und lässt seinen Sprecher Mark Adams auch noch den denkwürdigen Satz sagen: „Wir bitten alle darum, ihren Argumenten woanders Gehör zu verschaffen.“

Dabei versteht es der russische Präsident Wladimir Putin wohl, Olympia zu einer Bühne seiner Politik zu machen. Russland darf sich mit den Wettkampfstätten schmücken, doch Erinnerungen an das Schicksal der Arbeiter sind unangebracht. Putin darf sich vor einem Millionenpublikum mit Sotschi ein Denkmal setzen für eine Politik, die Homosexuelle verachtet und die Demokratie aushöhlt – aber eine einzelne Demonstrantin stört das olympische Gebot der Neutralität. Doch Olympia ist nicht neutral, bei Olympia ging es auch nie nur um Sport. Erst recht nicht mehr seit das IOC auf die Milliarden der Gastgeberländer angewiesen ist, damit das Spektakel überhaupt stattfinden kann. Wenn der Aufopferung und dem Erfolg der Sportler nicht immer auch der Schale Geschmack von  Unterdrückung und Rechtsbruch beigemischt sein soll, muss das IOC eine Debatte darüber wenigstens zulassen. Dass es sich selbst nicht dazu positioniert, ist schon feige genug.

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