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© Martin Gottske

Porträt: Inhaftierter chinesischer Bischof: "Ich bin doch keine Gefahr"

Der 73-jährige katholische Bischof Jia Zhiguo wurde in China kurz vor der Schlussfeier der Olympischen Spiele verhaftet.

Große Ereignisse werfen ihre Schatten voraus. In der Kathedrale von Wuqiu, 240 Kilometer südwestlich von Peking, erschienen sie am Sonntagvormittag in Gestalt von sechs Polizisten. Wenige Stunden vor der Abschlussfeier der Olympischen Spiele verhafteten sie den 73-jährigen Bischof Jia Zhiguo, berichtet die in den USA ansässige katholische Kardinal Kung Stiftung.

Der Geistliche, der über 18 Jahre seines Lebens in Gefängnissen verbracht hat, gehört zu den Leitfiguren der rund zwölf Millionen chinesischen Untergrundkatholiken, die dem Vatikan die Treue halten, statt die von der Partei tolerierte Staatskirche anzuerkennen.

Neue Kampagne gegen Regimekritiker

Menschenrechtsorganisationen sehen Jias Festnahme als Teil einer neuen Kampagne gegen Regimekritiker und Dissidenten. Denn aus Pekings Sicht ist es ihre Schuld, dass die Inszenierung perfekter gesellschaftlicher Harmonie während der Spiele gescheitert ist. Die Menschenrechtskritik bescherte der Regierung einen schmerzhaften Gesichtsverlust, als selbst der Präsident des Internationalen Olympischen Komitees, Jacques Rogge, eingestand, die Situation sei „nicht perfekt“ gewesen. Damit kommentierte er die Weigerung der Behörden, die versprochene Meinungsfreiheit in drei ausgewählten Protestzonen zu gewähren. Obwohl hunderte Menschen versuchten, Demonstrationen anzumelden, wurde keine einzige genehmigt. Zahlreiche Antragsteller wurden sogar verhaftet.

Dabei hatten die Sicherheitskräfte schon vor den Spielen potentielle Störenfriede aus dem Verkehr gezogen, darunter auch Priester, die während der Spiele keine Gelegenheit bekommen sollten, mit Glaubensbrüdern aus anderen Ländern Kontakt aufzunehmen. Die Organisation „China Aid Association“ berichtet von 788 Fällen von Repressionen gegen Christen im vergangenen Jahr.

Gegen Pekings Willen zum Bischof ernannt

So war auch Jia Zhiguo, den der Papst 1980 gegen Pekings Willen zum Bischof ernannt hatte, mehrfach festgenommen worden. Durch den Entzug von Medikamenten sollen die Behörden versucht haben, den schwerkranken Priester zum Beitritt in die Staatskirche zu bewegen.

„Das werden sie nie schaffen“, sagt Jia. „Meine Loyalität gehört allein Gott.“ Warum die Regierung sich von ihm bedroht fühle, wisse er nicht. Unter anderem betreibt Jia in seiner Gemeinde ein Heim für Waisenkinder. Nach Angaben der Kardinal- Kung-Stiftung sind derzeit etwa 40 Bischöfe inhaftiert, verschwunden oder Überwachung ausgesetzt.

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