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Sport: Prägende Vorgeschichten

Bei den Eiskunstlauf-Meisterschaften in Oberstdorf stehen vor allem Trainer im Mittelpunkt

Berlin - Karla Vogt-Röller muss nun doch leise lachen. Lustig findet sie das Ganze eigentlich nicht, aber diese Meldung ist doch etwas Besonderes. „Zum ersten Mal seit einem Jahr“, sagt die Rechtsanwältin Vogt-Röller, „musste ich nicht zum Gericht laufen, um Ingo Steuer nominieren zu lassen.“ Bislang war diese Tour ein Ritual: Die Deutsche Eislauf-Union (DEU) verweigerte dem stasibelasteten Paarlauftrainer Steuer die Nominierung für internationale Wettbewerbe, Vogt-Röller brachte ihn mit einer Einstweiligen Verfügung doch noch an die Bande.

Für die deutschen Eiskunstlauf-Meisterschaften, die am Mittwoch in Oberstdorf begonnen haben, ist Steuer vom Sächsischen Verband nominiert worden; der Trainer und sein Paar Aljona Sawtschenko und Robin Szolkowy starten für den Eislaufverein Chemnitz. Die DEU darf bei Nominierungen für nationale Meisterschaften nicht mitreden.

Doch Vogt-Röller dürfte schon bald wieder Arbeit bekommen. Denn Ende Januar findet die EM statt, und für die nominiert wieder die DEU Sportler und Trainer. Zu melden sind dann aller Wahrscheinlichkeit nach Sawtschenko/Szolkowy. Die sind in Oberstdorf klare Favoriten im Paarlauf, schließlich belegten sie beim Grand-Prix-Finale in St. Petersburg mit ihrer besten Saisonkür Platz zwei.

Der Streit um Steuer dürfte die Titelkämpfe prägen, schließlich ist kein Ende der Auseinandersetzung in Sicht. „Ich würde mich gerne an einen runden Tisch setzen, aber bisher gibt es dafür keine Bereitschaft“, sagt Vogt-Röller. Es müsse endlich geklärt werden, ob Steuers Stasimitarbeit rechtfertige, ihn viele Jahre später als Trainer zu bestrafen. Die DEU aber hat vor kurzem bekräftigt: Die Sportler werden nominiert, ihr Trainer, an dem sie eisern festhalten, nicht.

Aber Steuer ist nicht der einzige Trainer, der in Oberstdorf Aufmerksamkeit erregt. Karel Fajfr gibt’s auch noch, den früheren Skandaltrainer. Den Mann, der wegen sexuellen Missbrauchs in mehreren Fällen zu zwei Jahren Haft auf Bewährung verurteilt wurde und drei Jahre lang nicht als Eislauftrainer arbeiten durfte. Fajfr trainiert seit Mitte Dezember Annette Dytrt, die Titelverteidigerin bei den Frauen. Dytrt hatte sich Fajfr nach einem kurzen, erfolglosen Ausflug zum Paarlauf ausgesucht. Der Architekt, der zuletzt nebenbei eher unauffällig als Coach arbeitete, soll sie jetzt wieder zur Topform führen. Doch von der ist Dytrt derzeit noch weg, deshalb haben ihre Konkurrentinnen einige Titelchancen.

Auch bei den Männern ist alles offen. Titelverteidiger Stefan Lindemann konnte im Sommer wegen eines Virus vier Monate nur unzureichend trainieren, er hat deshalb noch einige Defizite. Kurz vor Silvester hatte der 26-Jährige seine Kür und sein Kurzprogramm Reinhard Ketterer gezeigt, dem Leitenden Landestrainer von Berlin. Lindemann trainiert jetzt in Berlin, und Ketterer sah eine „ordentliche, aber keine Weltklassevorstellung“. Lindemann hatte bei seinen Sprüngen immer wieder kleine Fehler. Ketterer hat deshalb den 18-jährigen Philipp Tischendorf aus Berlin im Blick: „Der ist mein Geheimtipp.“

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