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Premier League: Der neue Quarterback

Chelsea erreicht das FA-Pokalfinale. Michael Ballack überzeugt in einer neuen Rolle.

London - Wembley, Wembley, alle wollen nach Wembley, aber bitte nicht schon im April. Englands Nationalstadion war mehr als 80 Jahre lang den FA-Pokalfinalisten vorbehalten, doch seit dem vergangenen Jahr werden hier auch die Halbfinal-Spiele ausgetragen. Die Football Association (FA), der englische Verband, muss die Baukosten von gut einer Milliarde Euro refinanzieren. Der Mythos leidet. „Eigentlich ist es doch schöner, wenn nur das Endspiel im Wembley gespielt wird“, sagte Michael Ballack, der Routinier des FC Chelsea, der nach dem 2:1-Sieg über Arsenal am 30. Mai das Vergnügen haben wird. Im Finale trifft Chelsea auf den FC Everton, der gestern 4:2 im Elfmeterschießen gegen Manchester United siegte, nachdem es nach 120 Minuten 0:0 gestanden hatte.

Wegen des Finaleinzugs wird Ballack der deutschen Nationalmannschaft bei ihrer Asienreise fehlen, während der sie auf China (29. Mai) und die Vereinigten Arabischen Emirate (2.Juni) trifft.

In Wembley hatten schönes Frühlingswetter und eine begeisternde Derby-Atmosphäre die Traditionalisten auf der Insel am Samstag gerade halbwegs versöhnt, da trübte schon das nächste Ärgernis die Freude. Der schlecht angewachsene Rollrasen bot den Akteuren keinen Halt, flache Bälle hüpften wie Popcorn in der heißen Pfanne. „Wenn man für so viel Geld ein Stadion hinstellt und dann keinen Platz hat, ist das lachhaft“, sagte Arsenals Trainer Arsène Wenger.

Chelsea kam mit dem Untergrund besser zurecht als die aufs Kurzpass-Spiel fixierten Gegner. Zwei hohe Bälle von Frank Lampard leiteten die beiden Tore (Malouda, 33., Drogba, 84.) ein, jeweils unter gütiger Mithilfe der Arsenal-Abwehr und von Lukasz Fabianiski. Der Vertreter des Stammtorwarts Manuel Almunia irrte oft durch die Gegend.

Chelseas Interimstrainer Guus Hiddink darf sich nun auf ein großes Saisonfinale freuen. „Ich bin mit dem ganzen Herzen diesem Team verpflichtet“, sagte der Niederländer. Er meinte die russische Nationalmannschaft, die er trainiert. Hiddink, vor knapp zwei Monaten mit dem Auftrag der Qualifikation für die Champions League verpflichtet, kann nun mindestens zwei Titel gewinnen.

Der 62-Jährige hat wenig verändert. Chelsea ist für ein Spitzenteam recht dünn besetzt, taktische Alternativen zum 4-3-3-System behagen der Truppe nicht. Manchmal können aber schon minimale Umstellungen große Wirkung erzielen. Chelsea war anfangs überhaupt nicht auf dem Platz und lag durch Theo Walcotts Tor verdient in Rückstand. Hiddink ließ Ballack und Michael Essien die Plätze tauschen: Der Deutsche wurde als eine Art Quarterback vor die Abwehr postiert und stabilisierte das Aufbauspiel, Essien gewann mit seiner Dynamik allmählich die Hoheit im Mittelfeld zurück.

„Der Wechsel hat das Match verändert“, sagte Drogba. Ballack fühlte sich wohl in der ungewohnten Rolle. „Man hat dort sehr viel freie Räume und kann die Abwehr immer wieder nach vorne ziehen“, sagte der 32-Jährige. Und: „Wenn wir Gas geben, können wir jeden schlagen. Wir wissen gar nicht, wie gut wir eigentlich sind.“ Raphael Honigstein

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