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Psychologe Meichelbeck über Fußball und Medien: ''Schwäche wird nicht akzeptiert''

Der Fußballprofi und Sportpsychologe Martin Meichelbeck spricht im Interview über die sportpsychologische Betreuung im Profifußball.

Herr Meichelbeck, Sie sind Fußballprofi beim Zweitligisten Greuther Fürth und gleichzeitig Sportpsychologe in Ihrem Klub. Wie gut ist die sportpsychologische Betreuung in der Ersten und Zweiten Bundesliga?


Es gibt auf jeden Fall Nachholbedarf. Einige Vereine haben eine sportpsychologische Betreuung installiert, aber viele Vereine haben keine. Ähnlich wie die Physiotherapeuten für den körperlichen Bereich brauchen die Profiklubs Sportpsychologen für den mentalen Bereich.

Sie sind Spieler und Sportpsychologe in einem, ist diese Doppelrolle nicht besonders problematisch?

Nein, das ist kein Problem, im Gegenteil. Mein sportpsychologisches Angebot wird bei uns im Verein zahlreich genutzt. Ich habe in der Mannschaft aufgrund meiner Erfahrung eine hohe Akzeptanz.

Wie läuft Ihre Betreuung ab?

Auf jeden Fall auf Freiwilligenbasis. Ein Spieler kann zum Sportpsychologen kommen und mit ihm die mentalen Abläufe bearbeiten, die ihm wichtig sind. Er kann beispielsweise durch mentales Training versuchen, Bewegungs- und Handlungsabläufe zu optimieren. Oder Fragen klären: Wie komme ich mit Druck oder Versagensängsten zurecht? Wie verkrafte ich die Reaktionen von Zuschauern, von Trainern und Mitspielern?

Ist der Sportpsychologe auch der richtige Ansprechpartner für einen depressiven Spieler?

Bedingt ja, aber nur in Verbindung mit den Ärzten, die eine Mannschaft umgeben. Wenn eine Erkrankung vorliegt, müsste der Spieler den nächsten Schritt gehen und sich in psychotherapeutische und psychiatrische Behandlung begeben.

Robert Enke hat seine Krankheit auch vor dem Sportpsychologen der Nationalmannschaft geheim gehalten...

...im Fall Enke kann ich mir keine Bewertung erlauben, das steht mir nicht zu. Es ist sicherlich so, dass insgesamt ein gesellschaftliches Umdenken erfolgen muss. Psychische Erkrankungen müssen genauso als ernsthaft akzeptiert werden wie physische Erkrankungen. Aber depressive Verstimmungen oder Depressionen merkt man einem Menschen häufig nicht an. Das war wohl auch im Fall Enke so. Der Mensch legt einen gewissen Selbstschutz an den Tag, er will keine Schwäche zeigen, eben weil die Krankheit gesellschaftlich nicht anerkannt ist.

…und im Fußballbereich erst recht nicht?

Ja, weil das eine extreme Leistungsgesellschaft ist, in der Schwäche nicht akzeptiert wird, da diese die Leistung beeinträchtigen könnte.

Das Gespräch führte Benedikt Voigt. Martin Meichelbeck, 32, ist Profifußballer beim Zweitligisten Greuther Fürth. Zugleich arbeitet er in seinem Verein als Sportpsychologe. Er bestritt für Bochum 75 Bundesligaspiele.

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