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Hannover-96-Fans zünden Bengalische Feuer.

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Update

Pyrotechnik im Minutentakt: Niedersachsen-Derby endet torlos

In einem schwachen Niedersachsen-Derby erkämpfte Aufsteiger Eintracht Braunschweig am Freitagabend ein 0:0 bei Hannover 96. Während der Begegnung zündeten beide Fanlager massiv Pyrotechnik. DFL-Geschäftsführer Andreas Rettig spricht von „einer Katastrophe“.

Von Christian Otto

90 Minuten lang wurde mit Pyrotechnik gezündelt und der gegnerische Anhang übel beschimpft. Das Niedersachsen-Derby zwischen Hannover 96 und Eintracht Braunschweig, als eines der gefährlichsten Fußballspiele dieser Bundesligasaison eingestuft, endete mit einem enttäuschenden 0:0 und einer ernüchternden Vielzahl an Dummheiten. Der eindringliche Appell von beiden Vereinsführungen, friedlich und fair miteinander umzugehen, wurde auf dem Platz umgesetzt, aber auf den Tribünen ignoriert. Unter den 47 200 Zuschauern gab es jene Unverbesserlichen, die sich vor und während der Partie mit der Polizei anlegten und ständig Pyrotechnik entzündeten. Dass zwei Feuerwerkskörper sogar auf dem Platz landeten und eine Fahne auf der Tribüne verbrannt wurde, war der traurige Höhepunkt eines bedenklichen Abends.

DFL-Geschäftsführer Andreas Rettig fand deutliche Worte für das, was sich vor Spielbeginn rund um das Stadion abgespielte. „Es ist ein Katastrophe, was hier bislang passiert ist“, sagte er der „Hannoverschen Allgemeinen Zeitung“ kurz vor Anpfiff. „So macht das keinen Spaß mehr.“

Der Mangel an Spielwitz und Geschick, den beide Mannschaften offenbarten, dürfte auch mit der enorm hohen Erwartungshaltung und Brisanz zu tun gehabt haben. Tagelang war es in Hannover und Braunschweig nur noch darum gegangen, die besondere Rivalität der verfeindeten Klubs zu beleuchten. Die Einschätzung der Polizei, dass rund um das erste Niedersachsen-Derby in der Bundesliga seit 37 Jahren mit einem erhöhten Sicherheitsrisiko zu rechnen sei, erwies sich als richtig. „Es gab Ausschreitungen auf beiden Seiten“, sagte ein Sprecher der Polizeiinspektion Hannover. Die Mehrheit der handfesten Vorfälle hatten aber die Ordnungshüter selbst zu beklagen, gegen die vor dem Stadion Pyrotechnik eingesetzt worden war.

Die hohe Nervosität war den Hauptdarstellern auf dem Platz, aber auch den Entscheidern der beiden Vereine deutlich zu anzumerken. Martin Kind, der Präsident von Hannover 96, sah ungewöhnlich angespannt aus, als er eine Stunde vor dem Anpfiff im Stadion angekommen war. Soeren Oliver Voigt, der Geschäftsführer von Eintracht Brauschweig, hatte nervös die Nachrichten auf seinem Smartphone überprüft und machte sich Sorgen, weil ihm von der einen oder anderen Auseinandersetzung zwischen Fans berichtet worden war. Am Nord- und Südeingang des Stadions hatten sich Fangruppen beider Seiten jeweils Zugang zum Stadion verschafft, indem sie einfach durch Polizeieinheiten gestürmt waren. Dass während des Spiels Pyrotechnik im Minutentakt gezündet wurde, veranlasste den Stadionsprecher zu dem Hinweis, dass ein solches Fehlverhalten zu einem Spielabbruch führen könne. Seine Warnung wurde von 96- und Eintracht-Fans gleichermaßen überhört. Die hohen Geldstrafen, die dafür anstehen, sind bei Hannover 96 in den vergangenen zwei Jahren leider schon zur Normalität geworden. „Die Spinner kriegst du nicht in den Griff“, kommentierte 96-Manager Dirk Dufner das Geschehen im TV-Sender Sky.

Mit dem Beginn der 2. Halbzeit, als dichte Nebelschwaden von abgebrannten Feuerwerkskörpern durch das Stadion gezogen waren, häuften sich auf dem Rasen auch die Zusammenstöße. Der souveräne Schiedsrichter Knut Kircher musste die Partie wegen verbissen geführter Zweikämpfe immer wieder unterbrechen. Gastgeber Hannover 96 wusste mit seiner Feldüberlegenheit nur wenig anzufangen. Mame Diouf als einzige Sturmspitze mühte sich redlich, kam aber nur zu Torschüssen und Kopfbällen, die kaum als hochkarätige Chancen bezeichnet werden können. „Wir waren nicht gut genug für den Derby-Sieg und das ist enttäuschend“, sagte Hannovers Trainer Mirko Slomka nach dem Schlusspfiff. Für Schlusslicht Braunschweig reichte es unter dem Strich, um sich einen Punkt beim ungeliebten Erzrivalen zu erkämpfen. „Ich bin nicht ganz zufrieden, weil wir nicht unseren besten Fußball gespielt haben“, meinte Braunschweigs Coach Torsten Lieberknecht. „Aber für meine jungen Spieler war dieses ganze Drumherum eine völlig neue Dimension. Ich bin froh, dass das Spiel vorbei ist.“

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