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Sport: Regenkönigs Krise

Schumacher reiht Misserfolg an Misserfolg – aber niemand wagt es, den Weltmeister abzuschreiben

„Ferrari in der Krise, Schumacher macht große Fehler.“

Gazetta dello Sport

São Paulo. Es war kein schönes Wochenende für Michael Schumacher in São Paulo, und das lag nicht nur am Wetter. Gewiss, es goss in Strömen auf der Rennstrecke von Interlagos, aber früher hat Schumacher so etwas nichts ausgemacht – damals, als er noch den Spitznamen „Regenkönig“ trug, weil er auf nasser Piste die Konkurrenz nach Belieben dominierte. Am Sonntag war alles anders. Schumacher schied bereits in der 27. Runde aus, und es war schon das dritte Misserfolgserlebnis im dritten Saisonrennen für den Formel-1-Weltmeister der vergangenen drei Jahre. Schumacher hat jetzt 18 Punkte Rückstand auf den in der WM-Wertung führenden Kimi Räikkönen. Es ist wohl dem Respekt vor der Lebensleistung des Deutschen zuzuschreiben, dass es noch niemand wagt, ihn im Titelkampf 2003 schon abzuschreiben.

„Ich glaube immer noch, dass man sein Geld durchaus auf Michael setzen kann. Im Moment schlägt nur einfach das Glückspendel ein bisschen in die andere Richtung aus“, sagt der frühere Schweizer Formel-1-Pilot Marc Surer. „Jahrelang hat Michael auch in kritischen Situationen das Glück fast immer auf seiner Seite gehabt. Da hat er auch ab und zu Fehler gemacht, aber sie haben sich nie wirklich ausgewirkt. Jetzt passieren sie auf einmal in Situationen, wo sie auch Konsequenzen haben. Aber das kann sich auch schnell wieder ändern.“ RTL-Experte Christian Danner ist überzeugt: „Michael und Ferrari werden noch eine ganz, ganz große Rolle im WM-Kampf spielen. Man darf nicht vergessen, dass Ferrari ja jetzt bald das neue Auto bringen wird, und das ist offensichtlich schon deutlich schneller als das jetzige – und war bei den letzten Tests auch schon sehr zuverlässig.“

Selbst bei der Konkurrenz von McLaren-Mercedes, nach drei Siegen in den ersten drei Saisonrennen auf einmal zum WM-Favoriten avanciert, ist man sehr vorsichtig: „Einen Michael Schumacher darf man nie abschreiben. Ihn zu unterschätzen wäre ein gewaltiger Fehler“, sagt Norbert Haug. Der Mercedes-Sportchef mag jedenfalls noch nicht an den WM-Titel denken: „Davon werden wir auch nicht schneller.“ Auch Glückspilz Kimi Räikkönen, für den der Abbruch nach dem Alonso-Unfall genau in der richtigen Sekunde kam, will sich nicht in die Favoritenrolle drängen lassen. „Es ist noch viel zu früh, um zu sagen, wie das am Ende aussehen könnte“, sagt der Finne.

Michael Schumacher selbst wirkte denn auch relativ gelassen: „Es sind noch 13 Rennen, und wir haben noch alle Karten in der Hand. Ich sehe das relativ relaxed – ich hatte jetzt drei sehr gute Jahre, jetzt läuft’s halt mal nicht so gut.“ Den Ausrutscher nahm er ohne Wenn und Aber auf seine Kappe: „Gut, die Bedingungen waren schwierig – aber das waren sie für alle. Andere sind nicht abgeflogen, ich schon, also war es meine eigene Schuld.“

Die bissigen Bemerkungen der italienischen Zeitungen ließen nicht lange auf sich warten. „Ferrari, ein Desaster“, titelte „Tuttosport“, und in „La Repubblica“ hieß es: „Nach dem Grand Prix in Brasilien hat man allerdings keinen Eindruck einer besonderen Wettbewerbsfähigkeit Ferraris. Nach den großartigen Erfolgen der letzten Saison war man in Maranello immer noch überzeugt, sehr stark zu sein. Jetzt nicht mehr.“ Schumacher nahm es klaglos hin: „Ich weiß, ich bin ein Deutscher, da muss ich halt jetzt in Italien einstecken, dass man mich kritisiert.“ Bei einem möglichen Versagen im nächsten Rennen dürfte die Kritik noch härter werden. In zwei Wochen gastiert die Formel 1 zum ersten Mal in dieser Saison in Europa, in Imola, beim Großen Preis von San Marino. Das ist Ferraris Heim-Rennen.

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