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Rob Friend: Herthas brasilianischer Kanadier

Rob Friend überrascht Hertha mit einem eleganten Tor – und setzt auf die nächste Saison. Der Kanadier ist einer, der bevorzugt seinen ganzen Körper einsetzt zum Wohle der Mannschaft.

Es gibt Augenblicke, da wäre Rob Friend gern Brasilianer. Das hat nicht mit mangelndem Patriotismus zu tun, Friend liebt seine Heimat, auch wenn es gewiss reizvollere Flecken gibt in Kanada als die Prärie von Saskatchewan, wo er groß geworden ist. Das mit Brasilien hat eher fußballkulturelle Gründe. „Wenn du als Stürmer aus Rio kommst oder aus Sao Paulo, haben die Leute schon eine hohe Meinung von dir, bevor sie dich überhaupt spielen gesehen haben“, sagt Friend. „Aber als Kanadier musst du erstmal erklären, warum du überhaupt Fußball spielst und nicht Eishockey.“

Mittlerweile ist Rob Friend 30 Jahre alt und hat sich abgefunden mit seinem Schicksal als kickender Exot. Aber natürlich hat er registriert, wie das Berliner Publikum ihn misstrauisch beäugt und ihn nach seinem glücklosen ersten Jahr bei Hertha BSC verbucht hat als Fehlinvestition. Musste es denn wirklich ein Stürmer aus Kanada sein? War kein Brasilianer auf dem Markt? Deswegen war der Sonntag so wichtig. Das Spiel in Aue, mit Rob Friend in der Startelf, zum ersten Mal in diesem Kalenderjahr. Der 2:0-Sieg beim FC Erzgebirge, gesichert durch sein Tor, Trainer Markus Babbel nannte es später das entscheidende auf dem Weg zur Zweitliga-Meisterschaft. „Ich wusste, dass dieser Moment kommen würde“, sagt Friend, aber es hätte für seinen Geschmack auch ein wenig frühere geschehen können als an diesem vorletzten Spieltag.

Rob Friend hat hart gearbeitet für dieses Comeback. Wenn die anderen nach dem Training längst in der Kabine waren, lief er noch über den Platz, übte Torschüsse oder arbeitete an seiner Physis. In Aue war er auf den Punkt topfit, was nach einer langen und harten Saison nicht alle Kollegen von sich sagen konnten. Friend rannte, Friend gestikulierte, und Friend gelang ein Tor von solcher Schönheit, wie es ihm nicht viele zugetraut hatten. Im perfekten Moment hatte er sich in den Rücken der Auer Abwehr geschlichen. Nach Fanol Perdedajs exaktem Pass hob Friend nur kurz den Kopf und registrierte dabei wohl mehr im Unterbewusstsein, dass sich Torhüter Martin Mennel einen Tick zu früh vor seine Füße warf. Mit selten erlebter Eleganz schnippte Friend den Ball mit dem Innenrist des linken Fußes aus spitzem Winkel hoch ins Tor. „Tolles Tor“, befand Kotrainer Rainer Widmayer, der ihm noch auf dem Rasen als erster um den Hals fiel. „Ich war mir sicher, dass Rob bald wieder trifft, aber ich hätte eher erwartet, dass er ein Kopfballtor macht.“

Es ist im Allgemeinen eher das physisch geprägte Spiel, für das Rob Friend steht. Der Kanadier ist einer, der bevorzugt seinen ganzen Körper einsetzt zu Wohle der Mannschaft. Das ist ihm zuvor in Mönchengladbach ganz gut gelungen. 28 Tore in 83 Spielen für Borussia klingen besser als fünf Tore in 23 Spielen für Hertha. Herthas Michael Preetz setzt darauf, dass Friends robustes Spiel in der Ersten Liga besser zur Geltung kommt, dass der zu alten Mönchengladbacher Erstligazeiten erworbene Respekt bei den Verteidigern zwischen München und Hamburg noch nicht ganz vergessen ist. Preetz war früher selbst Stürmer und hat es in ungezählten Zweikämpfen zu spüren bekommen, welche Aufmerksamkeit manche Angreifer allein wegen ihres Rufes bei den gegnerischen Verteidigern absorbieren.

Hertha wird sich zur kommenden Saison nicht den Luxus prominenter Einkäufe leisten können. Für die Offensive kommt der Hamburger Tunay Torun, vielleicht reicht das Geld noch für einen weiteren Stürmer, aber ansonsten wird es das Personal der Zweitligasaison richten müssen. Also Adrian Ramos, Pierre-Michel Lasogga und Rob Friend. „Ich weiß, was ich kann und das will ich auch zeigen“, sagt Friend. „Die Vergangenheit interessiert mich nicht. Ich bin nach Berlin gekommen, um in der ersten Liga zu spielen.“ Irgendwie deckt sich das ganz gut mit der im Klub gepflegten Sichtweise, dieses eine Jahr in der Zweitklassigkeit möglichst schnell zu vergessen.

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