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© dpa

Robert Enkes Nachfolger: Florian Fromlowitz: Unter der schützenden Hand

Hannovers Trainer Andreas Bergmann unterstützt in diesen Tagen besonders Torhüter Florian Fromlowitz, der das schwere Erbe von Robert Enke antreten wird.

Von Christian Otto

Was früher wichtig erschien, ist heute ganz klein und nebensächlich. Bis vor kurzem hätten sie bei Hannover 96 noch darüber gejammert, dass ihnen der mit dem Schweinegrippe-Virus infizierte Sofian Chahed vorerst fehlen wird. Aber eine Meldung wie die über den früheren Profi von Hertha BSC bleibt, wie die Nachrichten über die anderen verletzten oder erkrankten Spieler, derzeit eine fast belanglose Randnotiz. Es geht rund um das Stadion am Maschsee, das immer noch Pilgerstätte für trauernde Fußballfans ist, weiterhin nur um diese eine große Personalie. Um Robert Enke, der sich am Abend des 10. November umgebracht hat, der als Idol sowie Kapitän unvergessen bleiben soll und der auf dem Fußballplatz trotzdem sofort ersetzt werden muss.

„Die ganze Mannschaft versucht, zurück in die Normalität zu kommen“, sagt 96-Trainer Andreas Bergmann. Er spricht viel mit seinen Spielern, die seit Montag wieder darum bemüht sind, ein ganz normales Fußballtraining hinzubekommen. Mit kleinen Fouls, den üblichen Scherzen und vor allem mit erhobenem Kopf. Bergmann hält seine schützende Hand besonders über Florian Fromlowitz. Der 23-Jährige rückt am Samstag, wenn das Team von Hannover 96 in der Bundesliga bei Schalke 04 antritt, in den Mittelpunkt. „Ich weiß, dass viele Leute auf mich schauen werden“, sagt jener Mann, der Enke als Stammtorhüter ablösen soll. „Flo muss jetzt das machen, was er immer gemacht hat“, sagt sein Teamkollege Arnold Bruggink, der Enkes Nachfolger als Mannschaftskapitän ist. Gemeint ist, dass Fromlowitz wieder so ruhig und besonnen seine Arbeit verrichten soll, wie an den bisherigen sechs Spieltagen, an denen er Enke, offiziell an einem Virus erkrankt, bereits vertreten hatte.

Fromlowitz tritt ein sportliches Erbe an, das schwerer nicht sein kann. Denn der umjubelte Schlussmann Enke war in den vergangenen Jahren wie eine Art Lehrmeister für ihn. „Ich habe nicht nur einen Kollegen, sondern auch einen Freund verloren“, gesteht der bisherige Stellvertreter von Enke. Sie hatten sich Morgen für Morgen, auf Zuruf von Torwarttrainer Jörg Sievers, im Wechsel in den Dreck geworfen und sich gemeinsam für den Alltag in der Bundesliga vorbereitet. Dass Fromlowitz in dieser Zeit ruhiger und vernünftiger geworden ist, haben vor allem die Fans in Hannover voller Verblüffung registriert. Es hängt ihm immer noch nach, dass er sich bei seinen früheren Bewährungsproben durch unbedachte Aktionen und Äußerungen regelmäßig geschadet hat. Fromlowitz wird in diesem Zusammenhang gerne auf seine Ausbildung bei Gerald Ehrmann und die Zeit beim 1. FC Kaiserslautern angesprochen, wo er - wie seine extrovertierten Kollegen Tim Wiese und Roman Weidenfeller - an guten Paraden und schauspielerischen Elementen gearbeitet hat. Doch an der Seite von Enke, der seinen Job lieber ohne Allüren und Theatralik verrichte, ist Fromlowitz in Hannover zu einem verlässlichen und vorzeigbaren Rückhalt gereift.

Seit dem Suizid des depressiven Enke ist häufig von besonderen Drucksituationen für Torhüter im bezahlten Fußball die Rede. Fromlowitz ist noch sehr jung, kennt sich mit solchen Momenten aber schon aus. Seine Karriere war akut gefährdet, nachdem er mit dem 1. FC Kaiserslautern aus der Bundesliga abgestiegen war und sich auch noch einen Kreuzbandriss zugezogen hatte. Dass er im Sommer dieses Jahres mit der deutschen U- 21-Nationalmannschaft Europameister geworden ist, ohne auch nur eine Minute gespielt zu haben, muss ihm wie eine weitere, ganz schwere Probe vorgekommen sein. „Auf meiner Position sind Rückschläge speziell. Aber ich liebe diesen Sport und werde mich stellen“, sagt Fromlowitz. Ohne Enkes Tod, das bleibt so nüchtern festzuhalten, wäre Fromlowitz bis zum Auslaufen seines Vertrags 2011 ohne realistische Chance auf eine Hauptrolle in Hannover geblieben. Und er weiß, dass Enke in den Herzen der Fans auf ewig die Nummer eins im Tor bleibt. Für Fromlowitz bleibt wie bisher das Trikot mit der 27 reserviert. Aber zumindest am Samstag in Gelsenkirchen trägt auch er Enkes Zahl. Alle Profis von Hannover 96 treten in Gedenken in Trikots an, die die Deutsche Fußball-Liga trotz ihres Erscheinungsbildes genehmigt hat. Neben dem Vereinslogo wird eine „1“ zu sehen sein, die von einem Kreis umrandet ist.

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