zum Hauptinhalt

Sport: Roman und seine Londoner Armee

Ein Russe lebt seinen teuren Traum als Klubchef in England

Von Tobias Erlemann

und Elke Windisch

Er ist reich. Er mag Sport. Er will Spaß. Geld spielt keine Rolle: 220 Millionen Euro für einen maroden Verein, rund 100 Millionen Euro für neue Spieler. Roman Abramowitsch hat in den letzten Wochen einen Einkaufsbummel der Luxusklasse unternommen, um seinen Verein auszustaffieren. Seit Anfang Juli ist Abramowitsch Mehrheitseigner beim englischen Premier-League-Club FC Chelsea. Der 36-jährige gehört zur neuen Generation russischer Oligarchen. Sein Vermögen wird auf 5,7 Milliarden Euro geschätzt. Gute Kontakte zum ehemaligen Präsidenten Boris Jelzin waren hilfreich. Im Rahmen der Privatisierungswelle russischer Staatsbetriebe kaufte er Industriebeteiligungen zu Billigpreisen, wodurch hohe Gewinnsteigerungen garantiert waren.

„Mein Traum war es schon immer, einen Fußballverein zu besitzen, nun lebe ich diesen Traum“, sagt Abramowitsch. Dies ist wohl nicht der einzige Hintergrund seines Einstiegs beim FC Chelsea: Seit den Verhaftungen von Topmanagern und Durchsuchungen von Geschäftsräumen des Ölkonzern Yukos haben Russlands Großindustrielle Angst. Staatspräsident Wladimir Putin lässt derzeit die Ergebnisse der Privatisierungen prüfen. Abramowitsch hat mit dem Verkauf seiner Firmenanteile begonnen. In England wird schon seit Wochen spekuliert, er wolle seinen Reichtum im Ausland sichern.

Das Dementi ließ nicht lange auf sich warten. Der sonst medienscheue Milliardär gab dem russischen Sender „Das Erste“, bei dem er selbst Aktien besitzt, ein Interview. Er wollte Gerüchte widerlegen und konnte doch nicht alle Zweifel zerstreuen. Auf eine zweite Amtsperiode als Gouverneur der Eismeer-Region Tschukotka hat Abramowitsch verzichtet. Sein Einstieg beim FC Chelsea hat für viel Aufregung gesorgt. Moskaus Oberbürgermeister Jurij Luschkow spricht von „einem Schlag ins Gesicht Russlands“. Anstatt das Geld in England zu investieren, solle er lieber russische Vereine unterstützen. Bürger rufen wütend bei Radiosendern an und schreiben Beschwerdebriefe an Zeitungen, da er ihrer Meinung nach Geld ausgibt, das er ihnen gestohlen habe.

Auch in England ist der neureiche Russe nicht gerade willkommen. „Ich weiß nicht, ob man Leuten erlauben sollte, einen Klub zu übernehmen, solange man so wenig über sie weiß“, sagt Tony Banks. Er sitzt für die Labour-Partei im englischen Unterhaus und ist langjähriger Chelsea-Fan. Die „Times“ schreibt nur noch vom FC Chelski, was Abramowitsch nicht so gerne hört. Das sei Polnisch, hat er einmal gesagt, auf Russisch müsste es FC Chelskow heißen. Neuzugänge werden in der englischen Presse als Erweiterung in der „Roman Armee“ bezeichnet.

Für Duff (Blackburn), Mutu (Parma),Veron (Manchester United), Geremi (Real Madrid), Bridge (Southampton), Cole und Johnson (beide West Ham United), Ambrosio (Chievo Verona) und Makaba-Makalamby (Eindhoven) hat Abramowitsch 110 Millionen Euro an Ablösesummen investiert. Fast jeden Tag werden Angebote für neue Spieler publik: 100 Millionen für Raul (Real Madrid), 50 Millionen für Nesta (AC Mailand), Vieri und Crespo (Inter Mailand) hätte Chelsea auch gerne. Das erste Punktspiel bestreitet das neue Ensemble heute beim FC Liverpool. „Chelsea ist der aufgeblasene Teil eines Marktes, dem die Luft ausgegangen ist. Das erlaubt es dem Klub, den Markt künstlich in die Höhe zu drücken“, sagt Arsene Wenger, der französische Trainer vom FC Arsenal. Aus sportlichen Gründen begrüßt er das Durchbrechen der Dominanz von Manchester United und Arsenal. Betriebswirtschaftlich aber sieht sich Wenger in seinem Urteil mit vielen Experten einig: Abramowitsch, sagt Arsenals Trainer, sei der falsche Mann am falschen Ort zur falschen Zeit.

Zur Startseite

showPaywall:
false
isSubscriber:
false
isPaid:
showPaywallPiano:
false