zum Hauptinhalt
Barrichello

© dpa

Rubens Barrichello: Endlich kämpfen dürfen

Brawn-Pilot Rubens Barrichello greift glückselig nach dem Formel-1-Titel. Dabei sollte er schon seinen Platz für Landsmann Bruno Senna räumen.

Die Worte seines Teamchefs dürften in den Ohren von Rubens Barrichello noch das Motorengeheul, das anerkennende Tröten der Jachten im Hafen von Valencia und sein eigenes Schluchzen übertönt haben. „Fantastisch, Rubens – wie in alten Zeiten!“, teilte Ross Brawn seinem Formel-1-Piloten mit, als der jubelnd als Erster über die Ziellinie raste. Wenn Rubens Barrichello nach seinem ersten Grand- Prix-Sieg seit 2004 etwas bestimmt nicht möchte, dann, dass die alten Zeiten zurückkehren.

Nie wieder wolle er sich mit dem Status des Zulieferers für den Starpiloten im Team begnügen, hatte er nach diversen unglücklich verlaufenen Rennen in dieser Saison mitgeteilt, in denen er bisweilen das Team verdächtigte, ihn absichtlich zugunsten des WM-Führenden Jenson Button einzubremsen. So, wie es ihm einst an der Seite von Michael Schumacher bei Ferrari ergangen war. Voller Emotionen nutzte der 37 Jahre alte Triumphator die Aufmerksamkeit, die ihm der verpatzte letzte Boxenstopp des bis dahin führenden McLaren-Piloten Lewis Hamilton eingebracht hatte, und erklärte: „Ich glaube, ich habe gerade erst die Spitze meiner Geschwindigkeit erreicht.“

Mit Genugtuung stellte er dies fest, zumal seine Karriere vor der Saison schon beendet schien. Er sollte seinen Platz für Landsmann Bruno Senna räumen und erhielt erst im letzten Moment den Zuschlag von Brawn. „Es war ein harter Winter“, sagte Barrichello. Viele hätten gedacht, „dass es für mich vorbei ist. Aber ich habe immer gewusst, dass ich es in mir hatte.“ Das gelte auch für den Titel, den Barrichello für „sehr, sehr gut möglich“ hält. Vor diesem Hintergrund erklärte er in einem Ton, der keinen Widerspruch zuließ: „Es wird ein guter Kampf werden, aber zumindest ist es zwischen Jenson und mir ein gesunder Kampf – sehr hart, aber fair.“

Fürsprache erhielt Barrichello ausgerechnet von Button. „Rubens ist jetzt mein härtester Gegner“, sagte der WM- Führende, der mit nun 72 Punkten 18 Zähler vor dem Brasilianer liegt. Diese Einschätzung verdankte er auch der Pannenserie der außerhäuslichen Konkurrenz. Bei Red Bull subsummierte man die Ereignisse unter der Überschrift „Schwarzes Wochenende“. Die ärgsten Verfolger der Brawns gingen in Valencia leer aus: Mark Webber (51,5 Punkte) wurde Neunter, Sebastian Vettel (47) kam gar nicht ins Ziel. Der 22-Jährige ist der inkonstanteste der vier Spitzenfahrer: Schon zum fünften Mal schied der Deutsche aus.

Lag das zu Saisonbeginn vor allem noch an seinen eigenen Fehlern, lässt ihn nun die Technik im Stich. In Valencia funktionierte erst die Tankanlage beim Boxenstopp nicht, dann ging der zweite Motor innerhalb von 48 Stunden hoch. „Es ist, als wenn ein Fahrradfahrer nach einem schweren Anstieg vorne liegt und ihm dann bei der Abfahrt das Rad kaputt geht“, murrte Vettel frustriert. Der Motorenlieferant Renault gelobte kleinlaut Besserung. Die ist auch dringend angebracht, denn für den Rest der Saison hat Vettel nun nur noch zwei Motoren zur Verfügung – andernfalls droht ihm die Rückstufung um zehn Startplätze.

Barrichello konnte es egal sein. „Am liebsten würde ich hier bleiben und durchfeiern“, erklärte er nach seinem Sieg. Button jedenfalls hatte nichts dagegen. „Hoffentlich lässt er es die nächsten paar Tage ordentlich krachen“, sagte er grinsend, „damit er beim nächsten Rennen in Spa noch ein bisschen verkatert ist.“

Christian Hönicke[Valencia]

Zur Startseite

showPaywall:
false
isSubscriber:
false
isPaid:
showPaywallPiano:
false