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Ruder-WM: Neues Denken

Bei den Olympischen Spielen in Peking 2008 gab es zum ersten Mal seit 52 Jahren keine Goldmedaille für die deutschen Ruderer. Seither hat sich viel getan.

Ralf Holtmeyer hat mit ihm noch ein Bier getrunken. Ganz spontan nach einem dieser Trainingsmeetings, die sie jeden Tag in Posen, bei der Ruder-WM, abhalten. Robert Sens fand das „einfach nur geil“. Er ist 31, er arbeitet erst seit dieser Saison als Trainer, und Holtmeyer, der Mann, der den Deutschland-Achter 1988 zu Olympiagold geführt hat, der ist doch „ein Trainergott“. Holtmeyer hat Sens Tipps gegeben, wie der seinen Leichtgewichts-Achter schneller machen kann.

„Dieses Gespräch hat mir unheimlich viel gebracht“, sagt der frühere Weltmeister Sens. Es war nicht bloß ein netter Plausch, es war Teil einer neuen Denkweise. Einen Tag zuvor saß Holtmeyer an der gleichen Bank und sagte versonnen: „Wir Trainer sollten uns mal zusammensetzen und einfach ein Bier trinken.“ Die Spitzentrainer des Deutschen Ruderverbands, will er damit sagen, sollen das alte Lagerdenken endlich einstellen. „Das war wie in einer langjährigen Ehe, wir haben aneinander vorbeigelebt.“ Jeder hatte seinen abgesteckten Claim, den er eifrig verteidigte. Vier Bundestrainer, vier Lager, die Riemen- und Skullbereiche der Männer und Frauen.

Ein Knall war nötig, um alle aufzurütteln: Peking 2008, die ersten Olympischen Spiele seit 52 Jahren ohne Gold für ein deutsches Boot. Hartmut Buschbacher wurde Chef-Bundestrainer, ein ehemaliger DDR-Trainer, in den vergangenen 18 Jahren Coach in den USA und in China. Und jetzt ist viel von Veränderung und neuem Denken die Rede. „Ich bin Buschbacher-Fan“, sagt Sens. Ihm wurde 2008 ein Ausscheidungsrennen mit Karsten Brodowski im Doppelzweier um das Olympiaticket untersagt. Sens war davor vier Wochen krank gewesen, deshalb wurde für Peking ein anderer Doppel-Zweier mit Talenten aufgebaut, und der sollte nicht durch Sens/Brodowski verunsichert werden. „Unter Buschbacher würde es so etwas nie geben“, sagt Sens. „Da geht es nur nach Leistung.“ Viele Ruderer erwähnen diese neue Transparenz. Unter Sportdirektor Michael Müller, der im Dezember 2008 gehen musste, gab es noch undurchsichtige Kriterien.

Buschbacher versammelte vor der WM alle Ruderer zu einem Trainingslager in Ratzeburg. Früher waren die einzelnen Bootsklassen noch separat ins Trainingslager gefahren. Doch der Teamgeist war Buschbacher wichtig. Er beendete auch die Vorherrschaft der Stützpunkte Dortmund und Potsdam. Jetzt sind zehn Stützpunkte gleichwertig. Unter Buschbacher gibt es auch nur noch gleichberechtigte Trainer. Und die sollen sich stärker austauschen, das fordert er. Damit liegen Holtmeyer und er auf der gleichen Linie. Der neue Cheftrainer, sagt Holtmeyer noch, gebe auch Fehler zu. „Das gab es im alten System in dieser Form nicht.“ Ob das System Buschbacher sportlich großen Erfolg hat, muss sich zeigen. Im Moment jedenfalls bündeln sich alle Hoffnungen und Wünsche in dem 51-Jährigen.

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