zum Hauptinhalt
Faust drauf. Jensen und die DHB-Frauen testen heute in Berlin gegen Polen. Foto: AFP

© AFP

Sport: Ruhe am Rand

Heine Jensen soll die DHB-Frauen zur WM führen.

Berlin - Heine Jensen hat schon ganz schön Schlagzeilen produziert, damals im März 2011. Natürlich hatte er sich zu diesem Zeitpunkt längst profiliert als Handball-Trainer und die Frauen des HC Leipzig zu zwei Deutschen Meisterschaften geführt. Aber Nationaltrainer? Mit gerade einmal 34 Jahren? Zumal als erster Ausländer, der die Frauen-Auswahl des Deutschen Handball-Bundes verantwortet? „Das Angebot hat mich seinerzeit sehr überrascht“, sagt Heine Jensen, „genau wie der ganze Wirbel um meine Person“.

Mittlerweile hat sich die Aufregung im Kosmos Handball-Deutschland gelegt, Jensen kann in seiner Funktion als Bundestrainer „in Ruhe arbeiten“, wie er selbst sagt. Deshalb klingt es auch immer sehr perspektivisch, wenn der heute 36 Jahre alte Däne über sein Team und seine Ziele redet. Jensen führt dann die Olympischen Spiele 2016 oder die WM im eigenen Land 2017 an – weil er weiß, dass auch er eine Perspektiv-Entscheidung war und ihm entsprechend Zeit eingeräumt wird für die Entwicklung eines Teams. „Andererseits ist mir klar, dass wir Ergebnisse liefern müssen“, sagt Jensen. Zum Beispiel in den Play-off-Spielen zur WM-Qualifikation, in der die deutschen Frauen auf die Ukraine treffen. Die erste Begegnung findet am 2. Juni in Oldenburg statt, die zweite eine Woche später in Kiew. „Für uns sind das zweifellos die wichtigsten Spiele des Jahres“, sagt Jensen, „denn wenn wir nicht bestehen, können wir den Kalender gleich auf 2014 weiterblättern – und darauf haben wir keine Lust“. Sollte sich der größte und mitgliederstärkste Handball-Verband der Welt nicht für die WM in Serbien (7. bis 22. Dezember) qualifizieren, „würde uns das sehr zurückwerfen“, sagt Jensen.

Damit die DHB-Frauen gut vorbereitet in die Qualifikationsspiele gehen, hat Jensen seine Spielerinnen zu einem sechstägigen Lehrgang nach Berlin geladen. Am Freitag reiste die Mannschaft an und absolvierte im Horst-Korber-Sportzentrum die erste Trainingseinheit, am Mittwoch geht es schließlich weiter zum Playoff-Spielort nach Oldenburg. „Berlin bietet viele Möglichkeiten, die Köpfe in der knapp bemessenen Freizeit mit etwas anderem als Handball zu füllen“, sagt Jensen, „deshalb haben wir uns für den Standort entschieden“. An einer gewissen Dosis Sport unter Wettkampfbedingungen kommen die deutschen Handballerinnen allerdings nicht vorbei. In der Charlottenburger Sömmeringhalle bestreiten sie am Sonntag (16 Uhr) ein Testspiel gegen Polen.

Es ist der erste Auftritt der Frauen-Nationalmannschaft in der deutschen Hauptstadt seit beinahe 16 Jahren. „Wir hoffen, dass die Halle entsprechend voll sein wird“, sagt Thomas Ludewig, der Präsident des Handball-Verbands Berlin. Der Kartenvorverkauf läuft seit einigen Wochen, „und ein bisschen nachgeholfen haben wir auch“, sagt Ludewig. Soll heißen: Der Verein, der beim Verband die meisten Karten kauft, gewinnt eine Trainingseinheit mit einem Spieler aus dem Bundesliga-Kader der Füchse Berlin.

„An solchen Aktionen sieht man schon, welchen Stellenwert Frauen-Handball in Deutschland genießt – es ist eine Randsportart“, sagt Jensen. In seiner Heimat und überhaupt im skandinavischen Raum verhält es sich ganz anders. „Da sind die meisten Spielerinnen Vollprofis und müssen nicht nebenher studieren oder arbeiten“, sagt Jensen. Auf eben solchen Luxus kann sich der deutsche Bundestrainer nicht verlassen, im Gegenteil. Für das Testspiel gegen Polen hat ihm beispielsweise Torfrau Katja Schülke abgesagt, weil sie sich um ihre Magister-Arbeit kümmern muss, in der WM-Qualifikation kann sie dagegen aller Voraussicht nach wieder dabei sein.

„Für mich sind das alltägliche Probleme“, sagt Jensen, „ich habe ja gewusst, worauf ich mich einlasse, als ich meinen Vertrag als Nationaltrainer unterzeichnet habe“. Damals, im März vor gut zwei Jahren. Christoph Dach

Zur Startseite

showPaywall:
false
isSubscriber:
false
isPaid:
showPaywallPiano:
false