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Sport: Ruhig, bescheiden, erfolgreich

Wie Neuling Augsburg es schaffte, oben zu bleiben.

Berlin - Andreas Rettig und Jos Luhukay kennen ihre Grenzen. Deshalb sind Manager und Trainer nach dem 1:1 in Mönchengladbach „nach einer kleinen Feier mit unseren Frauen und Hans Meyer nicht mit zurück nach Augsburg“ (Rettig), sondern in ihre Betten zu Hause in Köln und Venlo. Seit sich im Laufe des Frühjahrs abzeichnete, der FC Augsburg würde die zugedachte Rolle des Absteigers wie einen überflüssigen Kokon abwerfen, haben Manager und Trainer oft die Geschichte von der wundersamen Wandlung jenes Teams erzählt, das mit einem „Micky-Maus-Etat“ (Rettig) von rund 15 Millionen Euro zusammengestellt wurde. „Ich sage nicht erst seit dieser Saison, dass soziale Kompetenz wichtig ist“, sagt Rettig und meint, das sei ausschlaggebend gewesen. Neben der Gelassenheit, „nach drei Niederlagen nicht sofort alles in Frage zu stellen“, guten Transfers und einem Trainer, der es verstand, eine Mannschaft zu formen, die immer Spielkultur hatte und am Ende auch Ergebnisse einfuhr.

Als in Mönchengladbach Axel Bellinghausen nach einer knappen halben Stunde ausgewechselt wurde, habe der alle abgeklatscht und „keine Schnute gezogen“ (Rettig). „Der geht weg nach Düsseldorf – was hätten da andere gemacht?“ Bellinghausen gehört zur Kategorie Überraschung. Ebenso Spieler wie Sebastian Langkamp, Daniel Baier, Hajime Hosogai und Ja-Choel Koo. Die 35 Tore der Augsburger schossen 15 verschiedene Torschützen. „Wir haben als Gruppe funktioniert und haben keinen Personenkult, betrieben, nicht mal um den Trainer“, sagt Rettig.

Dass man Bundesliga lernen kann, bewiesen die Schwaben vor allem in der Rückrunde, in der sie bisher 20 Punkte holten. „Das war schon nicht so einfach, weil wir ja wirklich ein Liga-Neuling sind. Das ist eine andere Kategorie, als wenn Eintracht Frankfurt oder Hertha BSC zurückkehren“, sagt Rettig.

Inzwischen ist ein eigenes Augsburger Selbstvertrauen gewachsen. Vorbei sind die Zeiten als der der Klub den Unterschied zum großen Nachbarn Bayern München damit beschrieb, die Tiefgarage unter der Münchner Arena habe soviel gekostet wie das gesamte neue Stadion in Augsburg. In rasantem Tempo wuchs die Fankultur. Heute sind weit über 10 000 FCA-Mitglieder eingeschrieben und die Arena ist mit 30 000 Zuschauern immer ausverkauft.

Torhüter Simon Jentzsch beschrieb es als „mentalen Prozess“, den die Mannschaft im Laufe der Saison durchgemacht habe, bis sie, angetrieben vom begeisterungsfähigen Publikum, merkte, „dass da was geht“. Und der Trainer sagt: „Wir haben schon ein Weilchen gebraucht, bis wir uns an die Bundesliga gewöhnt haben, aber das hat uns nicht überrascht und unruhig gemacht.“

Nun ist Urlaub angesagt und keine Relegation. Keine Entscheidungsspiele gegen den Dritten der Zweiten Liga, was man dem Neuling aus Augsburg vor der Saison als Maximum zugetraut hätte. „Und wir“, fügt Manager Rettig als letzten Baustein hinzu, „waren die einzigen da unten, die den Trainer nicht gewechselt haben.“ Oliver Trust

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