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Sport: Safin besiegt Australien

Der Russe schlägt Hewitt im Finale von Melbourne

Lleyton Hewitt bewegte sich langsam und müde auf das Netz zu – ein besiegter Spieler. Er repräsentierte eine geschlagene Nation: Nicht nur er, sondern ganz Australien hatte gerade ein Tennisfinale verloren. Der Mann aus Adelaide hatte die Chance verpasst, der Siegerliste der Australian Open nach 29 Jahren wieder den Namen eines Einheimischen hinzuzufügen. Am Netz kam ihm Marat Safin entgegen, glücklich, aber ruhig. Seine Körpersprache zeigte, warum der Russe 1:6, 6:3, 6:4, 6:4 gewonnen hatte. Safin ist gereift und muss in diesem Jahr als ernsthafter Herausforderer des Schweizers Roger Federer gelten, den er im Halbfinale bezwungen hatte. Hewitt dagegen konnte ausgerechnet im entscheidenden Spiel mit seinem kraftvolleren und frischeren Gegner nicht mehr mithalten.

Zweimal hatte Safin bereits im Endspiel in der Rod-Laver-Arena gestanden, beide Male hatte er verloren. Der Sieg bei den US Open 2000 war sein bislang einziger Grand-Slam-Titel – viel zu wenig für den talentierten Russen. Danach folgte ein Auf und Ab von großen Siegen und schockierenden Niederlagen. Sein lockeres Gemüt, wechselnde Begleiterinnen und sein Hang zum Schlägerzertrümmern nährte die Ansicht, dass er für dauerhafte Erfolge nicht geschaffen sei.

Nach dem Sieg über Hewitt gestand Safin, dass die öffentliche Meinung sein Denken tatsächlich beeinflusst hatte. „Vielleicht bin ich wirklich nicht gut genug“, sei ihm durch den Kopf gegangen, „vielleicht bin ich wirklich diese Person, über die ich in der Zeitung lese.“ Der zweite große Titel sei eine gewaltige Erleichterung und viel mehr wert als der Sieg in New York. Der Erfolg über Federer habe ihm bewiesen, dass er eben nicht der sei, den die Welt in ihm gesehen habe. Dafür spricht vor allem die Tatsache, dass er sich nach einem völlig missratenen ersten Satz noch aufraffte, Hewitt vor 15000 Fans zu bezwingen. „Ich hab’s gar nicht glauben können, dass ich so schlecht Tennis spielen kann“, sei ihm da durch den Kopf gegangen. Der alte Safin hätte in dieser Situation möglicherweise mehr als nur einen Schläger zertrümmert und wäre untergegangen. Der neue Safin hielt dagegen.

Hewitt wird weiter darauf warten müssen, den Titel zu gewinnen, der ihm am meisten bedeutet. Zumindest, sagte er fast trotzig, könne er erhobenen Hauptes nach Hause gehen. „Das war wie zwei Wochen Daviscup“, beschrieb Hewitt die Atmosphäre. Am Ende aber rächte sich sein Kraft raubendes Spiel. Hewitt klagte zwar nicht lange über die Anstrengung, räumte aber ein, dass seine Hüfte schmerzte. „Und eine Menge anderer Körperteile.“

Alexander Hofmann[Melbourne]

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