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Sport: Sag laut Servus

Stefan Effenberg hat seinen Vertrag in Wolfsburg aufgelöst – Trainer Röber versteht die Entscheidung nicht

Wolfsburg. Der Anruf kam spät in der Nacht zu Donnerstag. Auf der A 7 war es, kurz nach 22 Uhr, als im Wagen von Jürgen Röber das Telefon klingelte. Der Trainer des VfL Wolfsburg hatte sich in Emden ein Fußballspiel angeschaut. Bis dahin war es für Röber ein normaler Arbeitstag. Dann kam der Anruf, und Wolfsburgs Manager Peter Pander teilte ihm aus dem fernen Argentinien mit, dass soeben Stefan Effenberg um Vertragsauflösung gebeten habe. Röber sagt, er sei „völlig überrascht“ gewesen.

Bernd Storck, der Wolfsburger Kotrainer, saß neben Röber im Wagen. Was auf ihn am nächsten Morgen zukommen würde, ahnte er noch nicht. Da ließ Effenberg in der „Bild“-Zeitung mitteilen, dass er Storck nicht verstehen könne. Effenberg sei gewogen worden, daraufhin habe Storck gesagt: „Bis zur nächsten Woche hast du zwei Kilo abgenommen.“ Für Stefan Effenberg war das „der Höhepunkt“.

Das las Storck am Frühstückstisch. Und er war irritiert. Dem Tagesspiegel sagte er: „Ich habe mit Stefan völlig normal gesprochen. Seine Fitness war ein Thema, und Stefan hat gesagt: Okay, ja, ich muss mehr machen“. Dass Effenberg Übergewicht habe, „das haben wir nie behauptet. Wir haben ihn nie an den Pranger gestellt. Das ist Schwachsinn.“ Storck sagt: „Wir wiegen jeden Spieler. Und das wöchentlich. Wir stellen unsere Mannschaft nicht nach Gewicht auf.“ Da müsse „etwas anderes“ sein, Effenberg habe „vielleicht einen Vorwand gesucht“.

Mit dieser Einschätzung scheint Storck nicht ganz falsch zu liegen. Zumindest teilt der Wolfsburger Pressesprecher Kurt Rippholz diese Meinung. „Wir hatten den Eindruck, dass es mit Stefan nicht mehr weitergeht. Wir haben das seit Tagen gespürt. In Halbsätzen, in seinem Verhalten.“ Für den Klub werde der 34-Jährige kein Spiel mehr bestreiten, „definitiv nicht“, sagt Rippholz. In der kommenden Woche werde Manager Pander aus Argentinien zurückkehren und den Auflösungsvertrag unterschreiben. Seit August 2002 stand Effenberg in Wolfsburg unter Vertrag, er bestritt 19 Spiele und schoss drei Tore. In den letzten Wochen hatte Effenberg muskuläre Probleme. Den Abgang des Stars wollte Wolfsburgs Hauptsponsor Volkswagen nicht kommentieren.

Über Cheftrainer Röber hat sich Effenberg ebenfalls Gedanken gemacht. Es habe „unüberbrückbare Differenzen“ mit Röber gegeben, „persönliche Probleme“. Röber versteht nicht, was Effenberg meint. „Es ist nicht ein böses Wort gefallen, es gab keine Diskussion, nichts“, sagt Röber. Am Mittwochnachmittag habe Effenberg noch trainiert, seitdem sei er verschwunden. Effenberg habe Pander seine Entscheidung mitgeteilt, nicht der Mannschaft und auch nicht dem Trainer. Röber meint: „Dieser Abgang ist, ganz ehrlich, nicht nachzuvollziehen.“ Und: Diese Geschichte sei „irgendwie Kinderkram“.

Bis zum 30. Juni 2003 wäre Effenbergs Vertrag in Wolfsburg gelaufen. Dass er ihn jetzt beenden würde, habe er nach Gesprächen mit seiner Lebenspartnerin Claudia Strunz und Berater Jan Mendelin entschieden.

Am Nachmittag wurde Effenberg dann konkret: „Ich habe nicht eine Sekunde gespielt, trotzdem gab es immer wieder Statements über meine Person. Ich habe Röber darauf angesprochen, aber es hat sich nichts geändert. Er hat auch jetzt wieder gesagt, ich sei nicht fit. Ich kann das nicht nachvollziehen.“ Dann: „Jürgen Röber sollte lernen, wie man sich gewissen Spielern gegenüber verhält.“ Und schließlich: „Meine Karriere in der Bundesliga ist definitiv beendet.“ Es gebe Angebote, „wenn aber nichts Vernünftiges dabei ist, kann ich mir vorstellen, absolut Schluss zu machen“. Effenberg hat 351 Bundesligaspiele bestritten und gewann 2001 mit den Bayern die Champions League.

Sein damaliger Trainer Ottmar Hitzfeld hatte am Vormittag gesagt, dass Effenbergs Vertragsauflösung das Ende in Wolfsburg sei, „aber nicht das seiner Karriere“. Und: „Ich hoffe, dass er noch zwei, drei Jahre Fußball im Ausland spielt.“ Mit Effenberg habe er am Morgen telefoniert. „Ich wollte wissen, wie das passiert ist, dass er plötzlich hinwirft und abhaut. Ob es das Wetter oder ob er schon amtsmüde ist.“ Die Gründe bleiben aber intern, sagte Hitzfeld.

Röber hatte in einem Interview mit dem Tagesspiegel vor zwei Wochen gesagt: „Effenberg muss sich unterordnen.“ Mit dieser Aussage hatte der Ex-Nationalspieler anscheinend seine Probleme. Unter Röbers Vorgänger Wolf habe er mehr Freiheiten genossen. Effenberg war der Star in der Provinz.

Seit Donnerstag ist Wolfsburg wieder Wolfsburg.

André Görke

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