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Sport: Schach im Maßanzug

Von Martin Breutigam Dortmund. Die Caro-Kann-Verteidigung gilt als eine Beton-Eröffnung.

Von Martin Breutigam

Dortmund. Die Caro-Kann-Verteidigung gilt als eine Beton-Eröffnung. Caro-Kann ist das Catenaccio für Schachspieler: Schwarz mauert, Weiß muss auf Konter achten. Jewgeni Barejew, 35, Großmeister aus Moskau, fehlte beim WM-Kandidatenturnier in Dortmund nur noch ein Remis für den Einzug ins Finale gegen den Ungarn Peter Leko. Nach der dritten Partie gegen den Bulgaren Weselin Topalow, 27, war er mit 2:1 Punkten in Führung gegangen. Kein Wunder, dass in der vierten Partie Caro-Kann aufs Brett kam, zumal Barejew in Dortmund jedesmal so verteidigt hatte. Die Frage sei bloß gewesen, sagte der unter Gewinnzwang stehende Topalow hinterher, wie er seinem Gegner unbekannte Probleme stellen könnte.

In solchen Krisenzeiten sind Helfer gefragt. Als Großmeister Loek Van Wely, Topalows Sekundant in Dortmund, anderthalb Stunden nach dem ersten Zug in der Westfalenhalle eintraf und auf einen Monitor blickte, muss er die Umrisse jener Stellung wiedererkannt haben, die in der Nacht zuvor auf dem Analysebrett in seinem Hotelzimmer gestanden hatte. „Na, jedenfalls ist es gefährlich für Barejew“, sagte Van Wely schmunzelnd. Topalow war frühzeitig per Bauernopfer einen neuen Weg gegangen, um einen Läufer Barejews auszusperren und gewann die Partie. Den Tiebreak, zwei Partien mit verkürzter Bedenkzeit, gewann er gestern Nachmittag mit 1,5:0,5 Punkten. In der entscheidenden Partie hatte Barejew auf die Caro-Kann-Verteidigung verzichtet - und wurde in nur 27 Zügen von Topalow überwältigt.

Auch ein Erfolg für die Sekundanten – eine Rolle, mit der sowohl Topalow als auch Barejew vertraut sind. So sekundierte Topalow zu Beginn des Jahres den jungen Ruslan Ponomarjow, als dieser gegen Wassili Iwantschuk Fide-Weltmeister wurde. Und Barejew hatte Wladimir Kramnik im Oktober 2000 geholfen, Garry Kasparow den WM-Titel zu entreißen. Damals war Kramnik mit einem Koch und drei Sekundanten in eine Londoner Villa gezogen. Während er, der Langschläfer, oft bis mittags in seinem Bett blieb, saß Barejew im Trainingsanzug am Computer, forschte nach neuen Eröffnungszügen und hörte nebenbei Popmusik. In den vergangenen zwei Wochen trug Barejew Maßanzüge. Er will lieber Herausforderer von Wladimir Kramnik sein, nicht Sekundant.

Die besseren Chancen für das heute beginnende Finale scheint der in Hochform spielende Ungar Peter Leko zu haben. Bereits am Montag hatte sich der 22-Jährige nach einem 2,5:0,5-Sieg über den Letten Alexei Schirow vorzeitig qualifiziert.

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