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Kuranyi

© dpa

Schalke 04: Kevin Kuranyi: Stürmer und Spielverderber

Kevin Kuranyi hat großen Anteil am schmucklosen, aber erfolgreichen Auftreten der Schalker.

Die Dominanz war auf den Rängen genauso erdrückend wie auf dem Rasen. Während der grün-weiße Anhang von Werder Bremen in der 80. Minute betreten schwieg, feierte die Schalker Ecke ihren Helden des Abends: „Kevin Kuranyi – Fußballgott.“ Nicht einmal, nicht zweimal, sondern zigfach ertönte der Sprechgesang beim 2:0 (0:0)-Sieg der Schalker über die Bremer. Der Jubelchor ebbte erst ab, als der Belobigte demonstrativ die Arme hob und den Fans seinerseits Applaus klatschte.

So weit ist es also gekommen: Kevin Kuranyi, in den vergangenen Spielzeiten auf Schalke abwechselnd als Schönspieler, Söldner oder Chancentod verschmäht, avanciert zum Liebling. Der Stürmer, der irgendwann so frustriert wirkte, dass er am liebsten das Weite gesucht hätte, ist im fünften Dienstjahr der vorbildliche Anführer der von Felix Magath so klug zusammengestellten Arbeitermannschaft. „Spielerisch sind wir noch weit weg von einer Topmannschaft. Aber wir machen genau das, was der Trainer uns sagt“, sagte Kuranyi nach dem Spiel artig. Magaths unmissverständliche Ansagen in Training und Spiel kommen an – genau das hat der selbstverliebten Schalker Spaßgesellschaft lange gefehlt. „Und wenn wir jetzt noch fußballerisch besser werden, können wir eine tolle Mannschaft werden“, sagte Kuranyi. Der Torjäger vergaß auch nicht, eine explizite Danksagung an den Trainer zu richten, der ihm schon in seinen Stuttgarter Tagen ein hilfreicher Lehrmeister gewesen war: „Der Trainer hat uns alle fit gemacht.“

Und nicht nur das. Magath handelt so instinktsicher, dass es fast schon unheimlich ist: Gerade hatte Lewis Holtby, 19, am Samstagabend den Traumpass zum 1:0 zu Kuranyis achtem Saisontor gespielt, da wechselte Magath den ehemaligen Aachener auch schon aus. Und kaum hatte er mit Jan Moravek, 20, den nächsten jungen Spieler gebracht, traf der Tscheche auch schon zum 2:0 – Kuranyi hatte die Vorlage gegeben. Eigentlich ist Schalkes Nummer 22 derzeit unverzichtbar, doch wie es über den Sommer mit dem bei Joachim Löw auf ewig in Ungnade gefallenen Angreifer weitergeht, weiß niemand so genau. Kuranyi, der 3,8 Millionen Euro jährlich verdienen soll, ist eigentlich zu teuer für den Schalker Sparkurs. Deshalb sagt er zu seinen persönlichen Plänen auch nur: „Wir werden im Frühjahr über meinen Vertrag reden.“

An Angeboten für Kuranyi, der in Bremen seinen 101. Bundesligatreffer erzielte, wird es nicht mangeln. Achtmal nur schoss Schalke überhaupt aufs Werder-Tor. Aber allein achtmal spielte Kuranyi Foul, um als erste Störungsstelle den gegnerischen Offensivwirbel zu ersticken. Das sagt viel darüber aus, warum sich Magaths Mannschaft zum größten Spielverderber der Liga entwickelt hat. Schalke ist aktuell der unbequemste Gegner, den der deutsche Profifußball im Angebot hat. Offensive Aktionen der Schalker sind selten, aber ungemein effektiv, weil die defensive Disziplin genauso vorbildlich ist wie die geschlossene Gesamterscheinung.

Das liegt wiederum daran, dass Stars wie eben Kevin Kuranyi und dessen Sturmpartner Jefferson Farfan die gleiche Hingabe, Leidenschaft, Lauf- und Einsatzbereitschaft mitbringen wie die Schalker Newcomer und Nobodys Lukas Schmitz, Carlos Zambrano oder Joel Matip. Klaus Allofs, der Bremer Vorstandschef, war richtiggehend neidisch auf das, was die Gäste in diesem lange Zeit enttäuschenden Spitzenspiel geboten hatten: „Da war das unbedingte Wollen sichtbar; da war einer für den anderen da“, sagte Allofs. „Und wenn ich sehe, wie Kevin Kuranyi für die Mannschaft schuftet, ziehe ich den Hut.“ Genau wie die Schalker Fans.

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